[Articles] [Dossier 2024] Der Diskurs über die stationäre Unterbringung von Säuglingen in der Schweiz



Dieser Beitrag ist Teil des Dossiers 2024 «In gesellschaftlichen Widersprüchen.­
Kontext und Geschichte der Sozialen Arbeit».


Maren Zeller, Kathrin Amann, Bettina Grubenmann und Giacomo Müller

Zusammenfassung

Der fachliche Diskurs über die stationäre Unterbringung von Säuglingen erreichte in der Schweiz in den 1950/60er-Jahren einen Höhepunkt. Im Fokus standen sowohl die damaligen Bedingungen der Unterbringung und deren Folgen (vgl. Hospitalismus) als auch daran anknüpfende Reformideen und -bemühungen. Diesem Beitrag liegt eine Studie zugrunde, deren methodischer Ausgangspunkt eine Diskursanalyse anhand historischer Quellen ist, welche dem damaligen professionellen wie fachpolitischen Diskurs zugeordnet werden können. Zentrales Ziel ist es, einerseits nationale wie regionale Spuren der Problematisierung im Diskurs über die stationäre Unterbringung von Säuglingen zu präsentieren und andererseits die Diskursivierung von Reformen herauszuarbeiten. Die Ergebnisse werden mit Blick auf die Frage nach diskursiven Wissensverschiebungen und dominanten Dispositiven erörtert.

Schlüsselwörter: Hospitalismus, Diskursanalyse, stationäre Unterbringung, Säuglinge, Heimreform

The Discourse on the Hospitalization of Infants in Switzerland

Summary

The professional discourse on the hospitalization of infants peaked in Switzerland in the 1950/60s. The focus was on the conditions of care at that time and their consequences (cf. hospitalism) as well as on related reform ideas and efforts. This article is based on a study whose methodological starting point is a discourse analysis using historical sources that can be assigned to the professional and specialized political discourse of the time. The central aim is, on the one hand, to present (national and regional) traces of problematization in the discourse on the placement of infants in institutions (homes, hospitals) and, on the other hand, to elaborate the discursification of reforms. The results are discussed regarding the question of discursive shifts in knowledge and dominant dispositives.

Keywords: hospitalism, discourse analysis, institutional placement, infants, reforms in residential care

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1 Einleitung

Die Betrachtung der Geschichte der Heimerziehung zeigt, dass die Kritik an dieser Betreuungsform so alt ist wie ihre Geschichte selbst. So wurde die Erziehung von Kindern und Jugendlichen in stationären Settings nicht erst mit der Heimkampagne der 1960er Jahre öffentlich kritisiert (Steinacker, 2017). Bereits der deutsche Waisenhausstreit gegen Ende des 18. Jahrhunderts thematisierte die Vorzüge einer Platzierung bei Pflegefamilien. Das entsprechende Pendant findet sich in Diskussionen in der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft im 19. Jahrhundert (Grubenmann, 2007). Pädagogen wie Johann Heinrich Pestalozzi (1775–1779) und Johann Hinrich Wichern (1808–1881) oder auch die bedeutende Stimme des Schriftstellers und Journalisten Carl Albert Loosli (1924) formulierten massive Kritik an der Praxis der Heimerziehung. Sie alle plädierten nicht für die radikale Abkehr von stationären Settings, sondern entwarfen Reformvorschläge. Die jüngste Aufarbeitung der Geschichte der Heimerziehung, insbesondere der 1950er bis 1980er-Jahre, zeigt, dass diese in der Praxis nur schleppend einen Niederschlag fanden (Hauss et al., 2018; Seglias et al., 2019). Im Fokus der Kritik standen dabei meist die Bedingungen für Kinder und Jugendliche (Businger & Ramsauer, 2019; Unabhängige Expertenkommission Administrative Versorgungen [UEK], 2019). Säuglinge gerieten bisher im wissenschaftlichen Diskurs zur Heimerziehung nicht oder nur wenig in den Blick.
Das ist insofern interessant, als die öffentliche Sorge um Säuglinge in der Schweiz ihren Ausgangspunkt bereits in der Debatte um die Säuglingssterblichkeit im Zeitraum von 1900 bis 1920 hat (Butke & Kleine, 2004; Fehlemann, 2004; Maffongelli, 2011). Die Hauptursachen der erhöhten Sterblichkeit wurden damals in mangelnder Hygiene, in falscher Ernährung und in falscher Pflege gesehen – und an der Figur der entweder unwissenden oder arbeitstätigen und dadurch abwesenden Mutter festgemacht. Der Diskurs um Lösungen zur Verringerung der Säuglingssterblichkeit war vielschichtig, und etliche Massnahmen wurden auch praktisch realisiert: So wurde etwa für das Stillen geworben und über Milchküchen und angegliederte Beratungsstellen wurden Mütter von Säuglingen adressiert. Gleichzeitig wurden für kranke und bedürftige Säuglinge Säuglingsheime gegründet und Säuglingsstationen in Kinderspitälern eingerichtet, die sich über mehrere Jahrzehnte zu bewähren schienen (Grubenmann & Vellacott, 2020; Maffongelli, 2014; Schärer & Zottos, 2014).
Spätestens ab den 1960er Jahren gerieten jedoch auch diese Einrichtungen unter öffentlichen Druck. Pointiert könnte man sagen, dass in einem Teil der ehemaligen Lösung eine zunehmende Problematik erkannt wurde, an der nun starke Kritik geübt wurde. Anknüpfend an die Arbeiten des Pädiaters

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Meinhard von Pfaundler (1931) und des Mediziners und Psychoanalytikers René Spitz (1965/1996) erbrachten die wissenschaftlichen Untersuchungen der Schweizer Kinderärztin Marie Meierhofer den Nachweis, dass Säuglinge in allen Heimen der Stadt Zürich jenes «Krankheitsbild» (Meierhofer & Keller, 1966, S. 14) aufwiesen, welches noch heute konzeptionell unter dem Begriff des Hospitalismus gefasst wird. Dieses verweist auf Entwicklungsverzögerungen und/oder -schäden, die sich u. a. in einer Passivität bis hin zur Apathie der Säuglinge zeigt. Meierhofer folgte in ihrer Studie der Argumentationslinie der damals neueren Forschung zur Frage der ‹Early Separation› und führte dementsprechend den Zustand der Kinder auf eine zu klinische Behandlung und die durchrationalisierte Arbeitsweise des «pflegerischen Personals» (Meierhofer & Keller, 1966, S. 41) zurück. Mit den Ergebnissen der Studie von Meierhofer wurde somit die Thematik des Hospitalismus und damit verbunden die Bedeutung der Mutter-Kind-Beziehung in den Fachdebatten zur Säuglingsbetreuung auch in der Schweiz lanciert und hatte nachhaltige Auswirkungen auf die Frage, unter welchen Bedingungen Säuglinge in stationären Settings betreut werden sollen. Zudem wurde darüber ein Anschluss hergestellt an die international bereits entbrannte Diskussion um die Grundzüge der Bindungstheorie, welche insbesondere durch die breite Rezeption des Berichts des britischen Kinderarztes und -psychiaters John Bowlby für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu «Maternal Care and Mental Health» (1951) angestossen worden war.
Umso mehr erstaunt es, dass die wissenschaftliche Aufarbeitung der Entwicklung der Säuglingsheime und der Entwicklung des Fachdiskurses zum Hospitalismus heute noch immer in den Anfängen steckt. Nur wenige Forschungsarbeiten widmen sich der Aufarbeitung der Geschichte der Säuglingsheime – sei es im Schweizer Kontext (Richard-De Paolis et al., 1995) oder im deutschen (Berth, 2018; Kappeler, 2011) – und den gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen des Aufenthaltes in Säuglingsheimen (Ryffel, 2016; Lannen et al., 2018–2023). Der Nachweis der negativen Effekte eines längeren stationären Aufenthaltes in der frühesten Lebensphase, welche sich auf den gesamten Lebensverlauf auswirken, korrespondieren mit entwicklungspsychologischen Forschungsbefunden innerhalb der Krippenforschung (Stamm, 2011). Diese erlebt seit den 1960er Jahren eine Konjunktur, die v. a. durch über US-amerikanische Forschungstätigkeiten (Belsky & Steinberg, 1978) ausgelöst wurde. Wenngleich die Befunde zu den Effekten nicht eindeutig benennbar sind und in ihrer Pointierung über die Zeit variieren (Stamm, 2011), bleibt die ausserfamiliäre Betreuung von Säuglingen zumindest erklärungsbedürftig. Die kritische Rezeptionsforschung zur Bindungstheorie, welche Hospitalismus als Krankheitsbild theoretisch untermauert, setzte erst in jüngster Zeit ein (Keller, 2021;

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Moisel, 2017), wenngleich es aus sowohl feministischer als auch gleichstellungspolitischer Perspektive bereits seit den 1970er Jahren kontinuierliche Einwürfe gegen eine zu starke Fokussierung auf die monotrope Mutterbindung gibt (Keller, 1989). Hierbei steht aber weniger der Säugling im Fokus als vielmehr eine Kritik an der Reduzierung auf die Zuständigkeit der Mutter und an der Perpetuierung dieses Rollenbildes.
Es kann demnach zusammenfassend festgehalten werden, dass die diskursive, fachliche Problematisierung familienexterner Betreuung von Säuglingen seit den 1960er-Jahren eine hohe Kontinuität aufweist, während die wissenschaftliche Erforschung der diskursiven Problematisierung des Hospitalismus erst in Ansätzen vorhanden ist. Im Folgenden gehen wir der Frage nach, wie sich die Kritik an der Unterbringung von Säuglingen in stationären Settings sowie die sich daran anschliessenden Reformbemühungen im damaligen fachlichen Diskurs in der Schweiz zeigten.

2 Der Diskurs als zu analysierender Gegenstandsbereich

Die Arbeiten in dem Anfang 2024 abgeschlossenen Forschungsprojekt «Säuglingswohl in der Schweiz. Eine historisch vergleichende Diskursanalyse über Gefährdungen im ersten Lebensjahr» (Grubenmann & Zeller, 2019).1 bilden die Datenbasis für die hier vorgestellten Ergebnisse zum Diskurs über die stationäre Unterbringung von Säuglingen in der Schweiz. Im Verlauf dieses Forschungsprojektes wurde gegenstandsangepasst die theoretische wie methodologische Perspektive der wissenssoziologischen Diskursanalyse (Keller, 2007; Keller, 2011; Keller & Truschkat, 2013) genutzt, welche dementsprechend auch für unsere folgenden Ausführungen zentral sein wird.

2.1 Spuren der Problematisierung

Inzwischen gibt es eine Vielfalt an diskurstheoretischen Zugängen, von denen etliche an Grundpositionen von Michel Foucault anknüpfen (Truschkat & Bormann, 2020). Für ihn sind Diskurse «eine Menge von Aussagen, die einem gleichen Formationssystem angehören» (Foucault, 1981, S. 156). Diskurstheoretisch interessiert wie, d. h. nach welchen Formationsregeln, ein Gegenstand diskursiv hergestellt wird. Von Interesse ist im Falle der Foucault’schen Perspektive insbesondere auch die Frage nach legitimen und machtvollen Sprecherpositionen. Mit Blick auf den für uns relevanten Diskurs über die stationäre Unterbringung von Säuglingen in der Schweiz lässt sich sagen, dass der Bezugspunkt ‹Hospitalismus› und die Art und Weise, wie die Bindungstheorie Eingang in den Schweizer Fachdiskurs zur familienexternen Säuglingsbetreuung gefunden hat, ein diskursives Ereignis darstellt, das wir mit dem Begriff ‹Hospitalismusdebatte›

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fassen möchten. Solche diskursiven Ereignisse lassen sich nach Keller (2011) als herausragende Wendepunkte und eigentliche Knotenpunkte in einem Diskursverlauf beschreiben, in denen sich eine Wissensverlagerung manifestiert, was sie wiederum für eine Diskursanalyse besonders interessant macht.
Da wir ein diskursives Ereignis fokussieren, welches in der Vergangenheit liegt und bei dem ein damals bestehender Zustand von verschiedenen Akteur*innen in unterschiedlichen Formationssystemen kritisiert wurde, haben wir uns Kellers Vorschlag angeschlossen, mit Rückgriff auf Foucaults Überlegungen insbesondere «Spuren der Problematisierung» (Keller, 2007, S. 4) der stationären Unterbringung von Säuglingen im Datenmaterial zu folgen. Dies bietet insofern eine interessante Perspektive, als mit ihr «historische Umbrüche in gesellschaftlichen Praxisfeldern» (Keller, 2007) in den Fokus kommen. Während in Foucaults «Überwachen und Strafen» (1977) zum Beispiel das Verschwinden öffentlicher Hinrichtungen und die Genese des Gefängnisses als Disziplinaranstalt im Fokus stehen, geht es in unserem Fall v. a. um Säuglingsheime, aber auch um Kinderspitäler mit Säuglingsversorgung, die das gesellschaftliche Praxisfeld darstellen, in dem es zu ‹Umbrüchen› kommt.
Die Suche nach Spuren der Problematisierung bildet also den Ausgangspunkt der Analyse bzw. kann als die zentrale methodologische Analyseperspektive formuliert werden. Konkret fokussiert dieses Vorgehen soziale Akteur*innen bzw. deren Aussagemuster sowie Erklärungsansätze, die sich mit Problematisierungen der stationären Unterbringung von Säuglingen beschäftigen. Dafür werden Problematisierungen zum diskursiven Ereignis der Hospitalismusdebatte in der Schweiz (Kap. 3) sowie vertiefend im Kanton St. Gallen (Kap. 4) und im Kanton Tessin (Kap. 5) rekonstruiert.
Sowohl für den Schweizer Fachdiskurs als auch für die beiden Fallbeispiele wird neben diesen Spuren der Problematisierung auch die Diskursivierung von Reformen in dem untersuchten Praxisfeld rekonstruiert. Hier interessiert uns insbesondere, wie Diskurse «in der sozialen Wirklichkeit intervenieren» (Truschkat & Bormann, 2020, S.13). Dabei geht es nicht um die Frage, welche Reformen wann und wie schnell umgesetzt wurden, sondern vielmehr darum, wie sich der an die Hospitalismusdebatte anschliessende Diskurs um Reformen aufspannte. Dieser Aspekt kann methodologisch mit Rückgriff auf den Begriff des Dispositivs gefasst werden. So lassen sich mit neu im Diskurs auftretenden Dispositiven auch die Ausgestaltung und Präzisierung von Reformen rekonstruieren. In Anlehnung an Foucault fasst die wissenssoziologische Diskursanalyse unter dem Dispositivbegriff die «materielle, kognitive und normative Infrastruktur» (Keller, 2007, S. 26) eines Diskurses, welcher sich über soziale Akteur*innen in konkreten Kontexten artikuliert und verändert – und

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allenfalls auch zerstört wird. Der Dispositivbegriff beschreibt damit auch das Verhältnis von Diskurs und diskursiven Praktiken wie z. B. gesetzliche Grundlagen, professionstheoretische Prämissen oder auch normative Ansprüche guten Aufwachsens. Das Verhältnis von Sprecherpositionen und diskursiven Effekten wird analytisch betrachtet, d. h. es wird rekonstruiert, welche Akteurskonstellationen auf welche Art und Weise an der Produktion von Wissen beteiligt sind.
Unter diesen methodologischen Prämissen geht es uns um die Rekonstruktion der Problematisierung zur stationären Unterbringung von Säuglingen in den 1950er und 1960er Jahren,2 ihrer materielle, kognitive und normative Wissensbestände sowie um die damit einhergehenden Reformvorschläge bzw. Wissensverlagerungen im Diskurs. Letzteres fassen wir im Folgenden unter dem Begriff der Diskursivierung von Reformen. Konkret werden wir also Spuren der Problematisierung auf nationaler Ebene (Kap. 3) sowie anhand zweier regionaler Beispiele (Kap. 4 und 5) analysieren und für diese auch die jeweilige Diskursivierung von Reformen herausarbeiten sowie miteinander in Beziehung setzen (Kap. 6). Ziel des Beitrags ist es, die Ergebnisse mit Blick auf die Frage nach diskursiven Wissensverschiebungen und dominanten Dispositiven zu erörtern.

2.2 Quellenkorpus

Die Analyse der Spuren der Problematisierung basiert auf unterschiedlichen Quellen zu gesamtschweizerischen und zu regionalspezifischen Kontexten.
Für den gesamtschweizerischen Kontext wurden insbesondere Quellen der Stiftung Pro Juventute, die 1912 gegründet wurde und in deren Stiftungsrat nahezu die «gesamte bürgerliche Elite» (Kunz, 2015, S. 87) vertreten war, durchgesehen. Von Beginn an war die Stiftung dezentral organisiert und in der ganzen Schweiz aktiv. Das Zentralsekretariat publizierte Schriften, u. a. die Zeitschrift Pro Juventute, organisierte Wanderausstellungen und war Auskunftsstelle für Anliegen aus der Bevölkerung. Unter der grossen Zielsetzung, Bestrebungen zum Wohle der Jugend des Landes zu fördern, lag der Fokus insbesondere auf der Vorbeugung. Ab 1919 gab es eine Abteilung für ‹Mutter und Kind› (Kunz, 2015, S. 94), welche sich mit Säuglingsberatung, Säuglingspflege und Mütterberatung befasste. Die Aktivitäten der Abteilung ‹Mutter und Kind› verknüpften «die Fachbereiche Pädagogik, Hygiene und Eugenik» (Kunz, 2015, S. 96). Für die vorliegenden Ausführungen wurden v. a. Quellen aus der Abteilung ‹Mutter und Kind› sowie einzelne Ausgaben der Zeitschrift Pro Juventute sowie entsprechende Sonderausgaben ausgewertet. Die Quellen der Pro Juventute wurden zudem durch einzelne Ausgaben des Vereins für Schweizerisches Anstaltswesen ergänzt, um zu ergründen, inwieweit das Wissen über Hospitalismus auch einschlägige Fachkreise erreichte.

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Für den Kanton St. Gallen wurden insbesondere die gedruckten Jahresberichte des Vereins für Säuglingsfürsorge St. Gallen und dessen Folgeinstitutionen (Ostschweizer Kinderspital, Ostschweizer Verein für das Kind [OVK]) einer Analyse unterzogen. Diese umfassen zeitlich die Jahre 1910 bis 2024 und ermöglichen es, die fachlichen Akzentuierungen, Entwicklungstendenzen und Verschiebungen zu rekonstruieren. Ergänzend wurden im Kanton St. Gallen Unterlagen aus dem Archiv der Institution Tempelacker analysiert, die im Jahr 1874 als ‹Kleinkinderbewahranstalt› von der Hülfsgesellschaft der Stadt St. Gallen (die heutige Gemeinnützige und Hilfs-Gesellschaft der Stadt St. Gallen [GHG]) gegründet wurde (Schobinger, 1924). Im Laufe der Jahre wurde daraus ein Säuglings- und Kinderheim, das Neugeborene, Frühgeborene, gesunde und kranke Säuglinge beherbergte und eine angegliederte Kinderpflegerinnenschule betrieb (Kinderheim Tempelacker, 1940). Um auch die Rolle des Kantons im Diskurs beleuchten zu können, dienten relevante Rechtstexte (Verordnungen/Gesetze) und dazugehörige Verhandlungen als weitere Quellen. Entsprechende Bestände sind im Staatsarchiv St. Gallen zu finden.
Für den Kanton Tessin wurden Quellen recherchiert und ausgewertet, welche die Entwicklung der ‹Dispensari› (Milchküchen), der ‹Orfanotrofi per neonati› (Säuglingsheime) und später der ‹Nidi d’Infanzia› (Krippen) über den Zeitraum 1920 bis 1970 hinweg dokumentieren. Jedoch erwies sich der Versuch, die Situation der Säuglingsheime detaillierter zu betrachten, aufgrund der lückenhaften Quellenlage als ein schwieriges Unterfangen. Für die katholischen Institutionen Culla Arnaboldi di Lugano (gegründet 1908) sowie Culla San Marco Bellinzona (gegründet 1933) existieren nur noch vereinzelte Quellen, da grosse Teile der Archive vernichtet wurden. Die Quellen zum säkularen Säuglingsheim Nido d’Infanzia di Lugano (gegründet 1929) und zum katholischen Casa Santa Elisabetta in Lugano (gegründet 1947) befinden sich im Frauenarchiv des Kantons Tessin (Associazione Archivi Riuniti Donne Ticino [AARDT]). Zusätzlich wurden die Jahresberichte von zwei kantonalen Departementen (Dipartimento Interni; Dipartimento di Igiene) im Zeitraum zwischen 1920 und 1970 gesichtet, um die rechtlichen Grundlagen und damit die Rolle des Kantons zu analysieren. Die kantonalen Berichte sind im Staatsarchiv des Kantons Tessin (L’Archivio di Stato del Cantone Ticino [ASTi]) hinterlegt.

3 Fachdiskurs zur stationären Unterbringung von Säuglingen

Als die Hospitalismusdebatte in der Schweiz einsetzte, war das Wissen über das Phänomen des Hospitalismus schon einige Jahrzehnte alt. So hatte beispielsweise bereits um 1900 der österreichische Pädiater Meinhard von Pfaundler auf Schädigungen von Säuglingen und Kindern bei längerer Trennung von

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ihren Müttern infolge von Spitalaufenthalten hingewiesen, wobei insbeson dere der physische Hospitalismus thematisch wurde. Initiiert durch die Feldforschungsarbeiten des Psychoanalytikers René Spitz (1965/1996), der seit den 1920er Jahren die Effekte mangelnder Zuwendung infolge langer Heimaufenthalte beschrieb, wurde der Fokus auf den psychischen Hospitalismus gelegt. Im Anschluss arbeiteten die Entwicklungspsychologin Mary Ainsworth und der Kinderarzt und Psychiater John Bowlby ab den 1950er-Jahren die bindungstheoretischen Begründungen dieser Effekte aus einer entwicklungspsychologischen Perspektive aus (Grossmann & Grossmann, 2015).
In der Schweiz drehte sich der Fachdiskurs zu Beginn des 20. Jahrhunderts insbesondere um die Frage, wie sich die damals sehr hohe Säuglingssterblichkeit verhindern liesse. Diese wurde in Europa – ähnlich wie das zur gleichen Zeit benannte Phänomen des Hospitalismus – als ein gesundheitspolitisches Thema verhandelt, d. h., es wurde vor allem über medizinische und hygienische Massnahmen im Kontext der sozialen Frage debattiert (Ruckstuhl & Ryter, 2017). Säuglingsheime wurden in diesem Zusammenhang in der Schweiz als ein zentrales Mittel gegen die Säuglingssterblichkeit gesehen.
Das Feld der Säuglingsfürsorge wurde schliesslich zu einem umkämpften Feld um die Deutungsmacht der Erklärungen ursächlicher Bedingungen und damit einhergehenden Vorschlägen für ideale Interventionen (Fehlemann, 2004). Auf der einen Seite lassen sich auch in der Schweiz – das haben die bisherigen Analysen im Forschungsprojekt «Säuglingswohl in der Schweiz» (Grubenmann & Zeller, 2019) gezeigt – gesundheitspolitische Diskurse und die Etablierung einer Bevölkerungsstatistik ausmachen, auf der anderen Seite dominierten Ärzt*innen wie Marguerite Champendal (1870–1928) (Genf), Frieda Imboden-Kaiser (1877–1962) (St. Gallen) und Ezio Bernasconi (1888–1982) (Tessin) den Diskurs zu empfohlenen Praktiken. Die Erziehung der unwissenden Mütter, das richtige Stillen und die hygienischen Bedingungen wurden in Ratgebern propagiert und in Milchküchen sowie angegliederten Säuglingsheimen realisiert. Mit der Etablierung einer eigentlichen Säuglingsfürsorge, die sowohl den gesunden Säugling und dessen Aufwachsbedingungen, den gefährdeten/kranken Säugling, den Säugling aus sozial schwachem Milieu als auch den bürgerlichen Säugling im Blick hatte, waren die Sorge um den Säugling und die entsprechende Adressierung der Mütter in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Stiftung Pro Juventute, welche im Folgenden im Zentrum der Rekonstruktion stehen wird, leistete einen zentralen Beitrag bei der kontinuierlichen Thematisierung und Etablierung der Sorge um die Kleinsten – und zwar in einer spezifischen weise, die im Folgenden dargelegt wird.

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3.1 Spuren der Problematisierung

Die Thematisierung der Sorge um die Betreuung der Säuglinge in Heimen und Krippen lässt sich in der Abteilung ‹Mutter und Kind› der Pro Juventute schon in den 1930er Jahren feststellen. Die an der sozial-caritativen Schule in Luzern ausgebildete Fürsorgerin Hedwig Blöchliger, die zwischen 1929 und 1962 die Leitung der Abteilung innehatte, führte systematisch Erhebungen und Befragungen in Säuglingsheimen durch. So zeigen undatierte Handnotizen Blöchligers deren Interesse, sich einen Überblick über Zahlen und Fakten zu verschaffen. Sie zählte bis 1930 insgesamt 61 Kinder- und Säuglingsheime, wobei einige ausschliesslich Plätze für Säuglinge anboten, andere wiederum Säuglinge zusätzlich zu älteren Kindern aufnahmen. Darüber hinaus wurden von Blöchliger 15 Mutter-Kind-Heime gezählt. Die Hälfte der Einrichtungen wurde von Privatpersonen gegründet, der Rest von Vereinen oder Gemeinden. Das grösste Heim war mit 108 Plätzen der Inselhof in Zürich. Die Hälfte der Heime bot weniger als 20 Plätze an. Insgesamt standen gemäss den Notizen etwas über 1 100 Plätze zur Verfügung. Die Hälfte der Säuglinge waren von unverheirateten Müttern geboren worden (Blöchliger, o. D.).
Neben dieser systematischen Beschreibung der Rahmenbedingungen und der Herkunft der Kinder formulierte Blöchliger Ansprüche an ein gutes Heim. Sie monierte, dass der Personal- und Geldmangel ein grosses Problem darstelle. Zudem hielt sie bereits 1930 fest: «Im Interesse einer raschen und geordneten Abwicklung eines Anstaltbetriebes wird manchmal den seelisch geistigen Bedürfnissen der Kleinkinder nicht genügend Rechnung getragen» (Blöchliger, 1930, S. 68). Die Erhebungen wurden von Blöchliger weiter fortgesetzt und mit Befragungen über die tägliche Arbeit in den Säuglingsheimen ergänzt.
Vor dem Hintergrund dieses empirischen Zugangs zeigt sich ein fachlich differenzierter Anspruch an ideale Bedingungen für die körperliche und seelische Entwicklung von Säuglingen. So schrieb Blöchliger auch in den 1940er Jahren: «Es ist z. B. viel wichtiger, dass die Bettchen den kleinen erlauben, einander zu sehen, einander zuzulachen, sich zu unterhalten, als dass sie schön einheitlich mit weissem Stoff ausgeschlagen sind, sodass der Säugling stets die Zimmerdecke vor Augen hat» (Blöchliger, o. D.).
In der Mitte der 1950er Jahre verstärkte und pointierte Blöchliger in
zwei Sonderausgaben der Zeitschrift Pro Juventute (1955; 1958) ihr Plädoyer für die Berücksichtigung der kindlichen Seele und die kindlichen Bedürfnisse nach Bindung. Hier zeigt sich bei Blöchliger eine moderate Distanzierung zur Säuglingsheimerziehung, die danach in der Abteilung ‹Mutter und Kind› kaum mehr

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thematisiert wird. Werden die Problematisierungen der Gefährdung von Säug lingen in der gesamten Zeitschrift Pro Juventute im Überblick betrachtet, zeigt sich, dass es – mit Ausnahme der Sonderausgaben – keine Auseinandersetzung mit dem Thema Säuglingsheime gibt. Dominant bleiben über den Zeitraum der 1920er Jahre bis in die 1960er Jahre die Thematisierung von Mütterschulung und -beratung, Fragen der angemessenen Förderung der Entwicklung und zunehmend die Differenzierung von Kleinstkindern mit besonderen Bedürfnissen, was auch mit dem Klammerbegriff der Säuglingsfürsorge umschrieben wird.
In den Sonderausgaben der Zeitschrift Pro Juventute (1955; 1958) betrat neben schweizerischen Pädiatern und René Spitz eine neue, fortan zentrale Akteurin das Parkett: Marie Meierhofer. Nachdem sie von 1929 bis 1935 in Zürich, Rom und Wien Medizin studiert hatte, spezialisierte sie sich in Kinderheilkunde und Kinderpsychiatrie. In den Jahren des Zweiten Weltkriegs arbeitete sie im Auftrag des Schweizerischen Roten Kreuzes mit kriegsversehrten Kindern. Sie initiierte und konzeptionierte massgeblich das 1946 gegründete Kinderdorf Pestalozzi in Trogen (Wyss-Wanner, 2000).
Als Stadtärztin von Zürich besuchte sie ab 1948 auch Kinderheime und Krippen und stellte die dortigen Zustände zunehmend infrage. 1957 gründete sie das Institut für Psychohygiene im Kindesalter (heute: Marie Meierhofer-Institut für das Kind), das sich fortan der Professionalisierung des pädagogischen Personals, der Beratung von Müttern und Institutionen und der Forschung widmete. Zwischen 1958 und 1968 forschte sie über die Zustände in Zürcher Säuglingsheimen (Meierhofer & Keller, 1966). In dieser Zürcher Heimstudie, einer Längsschnittstudie, nahm sie sich den Entwicklungsfolgen von Kindern an, die ihre ersten Lebensjahre in Säuglingsheimen verbracht hatten. Vielfältige Testverfahren kamen zum Einsatz; zudem wurden typische Reaktionen und Zustandsbilder der Säuglinge in filmischen Sequenzen festgehalten. Meierhofer selbst vermied den Begriff Hospitalismus und sprach stattdessen von Frühverwahrlosung. Diese zeige sich durch Resignation und Apathie mit Stereotypien. Den Grund dafür sah Marie Meierhofer nicht ausschliesslich in mangelnder Mutterliebe, sondern vielmehr auch in der falschen pflegerischen Betreuung. Zwar würden über die Pflege im Säuglingsheim die physischen Grundbedürfnisse gestillt, die psychischen Bedürfnisse blieben aber bei der klinischen Massenabfertigung unberücksichtigt (Meierhofer & Keller, 1966). Die Arbeiten von Marie Meierhofer fanden auch international Beachtung (Wyss-Wanner, 2000). Mit der Darstellung der Folgen falscher Pflege in diversen Filmbeiträgen versuchte Meierhofer insbesondere Mütter, Fachöffentlichkeit und Professionelle zu erreichen. Es wurden konkrete Empfehlungen formuliert, die sich sowohl auf entlastende Massnahmen für (Gastarbeiter-)Familien und alleinstehende

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Mütter als auch auf Professionalisierungsanforderungen des Personals bezo gen. Zudem wurden konkrete Ansprüche an die Reorganisation der Heime benannt: Es bräuchte «Familiengruppen mit Kindern verschiedener Altersstufen» mit Einbezug der Erwachsenen und «mit einem Gemeinschaftsraum» mit «Wohnstuben Atmosphäre», wo die Kinder sich «daheim» (Meierhofer & Keller, 1966, S. 233–234) fühlen können. Diese Reformideen wurden im weiteren Fachdiskurs unter dem Begriff des ‹Familienprinzips in der Heimerziehung› weiter diskutiert.
Während sich die Abteilung ‹Mutter und Kind› der Pro Juventute bereits sehr früh der Zustände in den Säuglingsheimen annahm und damit den Fachdiskurs massgeblich mitinitiierte, hatten die Arbeiten von Meierhofer sicherlich zur Folge, dass das Wissen über Gefährdungen von Säuglingen fortan dominant entwicklungspsychologisch konnotiert blieb und das Säuglingsheim (sowie auch andere Settings ausserhäuslicher Betreuung) erklärungsbedürftig und als Notlösung angesehen wurde.
Interessant ist, dass das Fachblatt für schweizerisches Anstaltswesen (1959; 1960) ab Ende der 1950er Jahre entwicklungspsychologische Werke kontinuierlich propagierte, dort aber erst Anfang der 1960er Jahre konkret eine Auseinandersetzung mit Hospitalismus erfolgte. Im Vergleich zu den bei der Pro Juventute und in der Arbeit von Marie Meierhofer rekonstruierten Spuren der Problematisierung finden sich hierbei auch deutliche Anzeichen einer De-Problematisierung. So wird beispielsweise 1964 eine kritische Reaktion auf die Thematisierung des Hospitalismus in der öffentlichen Presse mit dem Titel «Vom Schreckgespenst des Hospitalismus» (Fachblatt für schweizerisches Anstaltswesen, 1964) abgedruckt. Die Autorin, Else Willmann, wehrt sich darin gegen eine allgemeine Kritik an Heimen, welche nur massenmässige Abfertigung und immer auch Spätfolgen in der Entwicklung der Kinder sehe. Sie besuchte dazu ein Heim, befragte eine Heimleiterin zu deren Erfahrungen und strich heraus, dass sich die Heime in den letzten Jahren sehr wohl auch reformiert hätten, das Personal auf individuelle Bedürfnisse eingehen könne und sich entsprechende Reformen wie die Einführung des Familiensystems oder die Grösse der Gruppen durchgesetzt hätten. Pointiert lässt sich festhalten, dass nicht (mehr) die Bedingungen im Säuglingsheim problematisiert werden, sondern vielmehr in der Hospitalismusdebatte ein Problem für die Weiterentwicklung der Fachlichkeit gesehen wurde.

3.2 Diskursivierung von Reformen

Vor dem Hintergrund der ausgeführten Problematisierungen lassen sich Forderungen zu Reformbemühungen entlang zweier Korrespondenzen der Abteilung

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‹Mutter und Kind› der Pro Juventute benennen. Die Nachfolgerin von Hedwig Blöchliger, Elfriede Schläppi, welche 1962 nach zwölf Jahren Tätigkeit in der Regionalstelle der Pro Juventute Lausanne die Leitung der Abteilung ‹Mutter und Kind› in Zürich übernommen hatte und engen Kontakt mit Marie Meierhofer pflegte, beantwortete zwei Anfragen aus dem Jahr 1964 und 1967 zu Neubauten von Säuglingsheimen aus Deutschland und Luzern. Neben der Nennung einiger Heime, welche aus ihrer Sicht Vorbildcharakter hätten, verweist Schläppi darauf, dass viele Heime nun neu zum Familiensystem übergegangen seien (Schläppi, 1964). Dieses scheint also der Dreh- und Angelpunkt der Reformen zu sein.
Die Ansprüche an Reformen der Praxis von Heimen stehen in Zusammenhang mit dem Einfluss von Marie Meierhofers Forschung und ihrem Institut für Psychohygiene im Kindesalter. Anlässlich der Ehrendoktoratsfeier für Meierhofer im Jahr 1974 an der Universität Zürich betont die damalige Leiterin des Jugendamtes des Kantons Zürich D. Hagemann, welche qua Funktion die Aufsicht über die Heime innehatte, die Bedeutung der Forschungsarbeiten von Marie Meierhofer bezüglich der Kollektiverziehung von Säuglingen (Hagemann, 1974). Diese seien bei der Planung von neuen und der Umstrukturierung von bestehenden Kinderheimen zu berücksichtigen: «Ich denke hier vor allem an die Normen in Bezug auf Gruppengrösse (Anzahl der Kinder pro Betreuungsperson), Altersmischung, wenn möglich Anwesenheit einer konstanten Bezugsperson in den einzelnen Gruppen» (Hagemann, 1974, S. 365). Sie erwähnt zudem eine Volksinitiative zur Schaffung von Kinderkrippen, die in gemeinsamer Regie vorangetrieben worden sei und die Schaffung für Richtlinien für gute Bedingungen betreffe.
Die Spuren der Problematisierung von Hospitalismus und die Diskursivierung der Reformen lassen sich, so kann zunächst zusammenfassend festgehalten werden, als Fachdiskurs markieren. Dieser beschreibt v. a. die Praxis und weist auf die Folgen der stationären Unterbringung von Säuglingen hin. Gleichzeitig wird das Modell ‹Säuglingsheim› nicht grundsätzlich infrage gestellt; es werden eher moderate als radikale Reformen gefordert. Als zentrale Akteur*innen des Diskurses lassen sich – wie in anderen europäischen Ländern auch (Berth, 2018) – zunächst Pädiater*innen ausmachen. Als zweite dominante Profession bzw. Fachrichtung lässt sich die Entwicklungspsychologie identifizieren. Vereine oder fachliche Vereinigungen wie die Pro Juventute boten dem Diskurs und den darin erörterten unterschiedlichen Positionen eine Plattform und konnten ihn verwalten, ohne selbst dominante Akteur*innen zu werden.

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4 Stationäre Unterbringung von Säuglingen im Kanton St. Gallen

Im Folgenden wird anhand eines ersten Fallbeispiels aus dem Kanton St. Gallen dargestellt, welche Spuren der Problematisierung rund um die stationäre Unterbringung von Säuglingen auf regionaler Ebene sichtbar werden. Daran anschliessend wird die regionale Diskursivierung von Reformen rekonstruiert und aufgezeigt, welche neuen Dispositive in den Institutionen eingeführt wurden.

4.1 Spuren der Problematisierung

Die Sorge um die Betreuung der Säuglinge in den Heimen und Krippen, die in der Schweiz schon in den 1930er Jahren laut wurde, gewann – wie oben beschrieben – mit dem Engagement von Marie Meierhofer in den 1950er Jahren erneut an Bedeutung. Diese Spur der Problematisierung wird ab 1953 auch im Kanton St. Gallen sichtbar. Eine zentrale Figur war hier der Kinderarzt Paul Nef, der im Zeitraum zwischen 1956 und 1966 das Ostschweizerische Säuglingsspital leitete und anschliessend von 1966 bis 1972 als Chefarzt des neuen Ostschweizerischen Säuglings- und Kinderspitals in St. Gallen amtierte (Verein für Säuglings- und Kinderfürsorge, 1965, S. 6–7). Er stand u. a. mit Marie Meierhofer in Briefkontakt und engagierte sich in der 1953 gegründeten Ostschweizer Vereinigung für Psychohygiene als Präsident (Nef, 1953). Seine Stimme wurde in der Deutschschweiz auch überregional wahrgenommen. So publizierte er 1960 in der nationalen Zeitschrift Pro Juventute einen Artikel mit dem Titel «Hospitalisierungsprobleme» und vertrat folgende Meinung: «Das Fernhalten der Mutter vom kranken Kind und die seltenen Besuchsstunden sind heute wohl das grösste psychohygienische Problem bei Hospitalisierungen von Kindern» (Nef, 1960, S. 495).
Ein weiterer Akteur, der den Diskurs rund um die Problematisierung der stationären Unterbringung von Säuglingen im Kanton St. Gallen massgeblich prägte, war der Verein für Säuglingsfürsorge, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts von der Ärztin Frida Imboden-Kaiser gegründet wurde (Ostschweizer Verein für das Kind St. Gallen, 2010). Er nahm sich ab 1910 der Problematik der Säuglingssterblichkeit in St. Gallen an und initiierte Milchküchen, gründete ein Säuglingsheim (woraus sich 1942 das Ostschweizer Säuglingsspital entwickelte) sowie ab 1912 eine Mütterberatungsstelle. Im Jahresbericht 1953 des Vereins für Säuglingsfürsorge, dessen Vizepräsident zu dieser Zeit Nef war, wird auf «die neuste Forschungsarbeit aus Amerika» hingewiesen, die sich dem seelischen Verhalten des Säuglings zuwendet – eine «Neuorientierung», die als Reaktion auf die «allzu einseitige Betrachtung der rein körperlichen Vorgänge»

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(Verein für Säuglingsfürsorge, 1953, S. 4) zu verstehen und zu werten sei. Vor dem Hintergrund der neuen Erkenntnis, dass das Kind seelisch mit der Mutter so eng verbunden sei, dass sein Verhalten in Gesundheit und Krankheit nur im Hinblick auf diese «Mutter-Kind-Einheit» (Verein für Säuglingsfürsorge, 1953, S. 4) richtig beurteilt werden könne, werden selbstkritisch Fragen an die eigene Betreuungspraxis im Säuglingsspital aufgeworfen:
Ist es z. B. richtig, dass in der Frauenklinik die Neugeborenen sofort ins Säuglingszimmer gelegt und den Müttern nur zum Stillen gebracht werden? Welchen Einfluss auf die spätere seelische Entwicklung des Kindes hat es, wenn ein Säugling wegen Krankheit ins Spital gebracht und oft wochenlang von der Mutter getrennt werden muss? (…) Aus der ganzen neuen Tendenz wollen wir vor allem lernen, dass neben der sauberen und gewissenhaften Pflege des gesunden und kranken Säuglings auch dem natürlichen, unbewusst empfundenen Bedürfnis nach Geborgenheit und Zärtlichkeit entsprochen werden muss, wenn das Kind richtig gedeihen soll. (Verein für Säuglingsfürsorge, 1953, S. 4–5)
Der Verein für Säuglingsfürsorge betrieb neben dem Säuglingsspital zusätzlich eine Mütterschule, die 1926 gegründet wurde und als Ausbildungsstätte und Schulstation für Säuglingspflege sowie gleichzeitig als Heim für gesunde Säuglinge und Kleinkinder bis zu zwei Jahren aus schwierigen Familienverhältnissen diente. Auch der Mütterschule des Vereins wurde im Jahresbericht jeweils ein Kapitel gewidmet, um über die wichtigsten Aktivitäten und Entwicklungen zu informieren. Ähnlich wie bei den Berichterstattungen zum Säuglingsspital finden sich in den Texten zur Mütterschule Aussagemuster und Erklärungsansätze, die sich ab ca. 1953 regelmässig mit der Problematisierung rund um die (Fremd-)Betreuung von Säuglingen beschäftigen. So wird im Berichtsjahr 1954 festgehalten: «Nach den neuen Erkenntnissen über die enorme Bedeutung der Kind-Mutter-Beziehung ist es unser Bestreben, die Kinder, wenn immer möglich, bei der eigenen Mutter aufwachsen zu lassen und die Versorgung im Heim nur als vorübergehende Notlösung zu betrachten» (Verein für Säuglingsfürsorge, 1954, S. 24–25.). Ab Mitte der 1950er Jahre wird in den Jahresberichten des Vereins und in Zusammenhang mit den von ihm geführten Institutionen in regelmässigen Abständen auf die Folgen einer Trennung von Mutter und Kind im ersten Lebensjahr hingewiesen und dabei auch explizit auf Forschungen von Spitz und weiteren Akteur*innen Bezug genommen (Verein für Säuglingsfürsorge, 1957, S. 4–5).
In den Quellen zum Säuglings- und Kinderheim Tempelacker finden sich nur vereinzelte Hinweise darauf, dass entwicklungspsychologische

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Erkenntnisse zum Thema wurden. So z. B. in der Geschichte des Kinderheims Tempelacker: «In den folgenden drei Jahren (1955–1958) geht die Kinderzahl zurück. (…) Diese Tendenz ist einerseits auf die verbesserten Heilmittel (…) und andererseits auf die Erkenntnis zurückzuführen, dass Kleinkinder aus psychologischen Gründen nur möglichst kurze Zeit dem Elternhaus entzogen werden sollten» (Hoffmann, 1963, S. 13).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich auch im Kanton St. Gallen Spuren der Problematisierung rund um die Situation von Säuglingen in Institutionen identifizieren lassen. Dabei waren es primär Akteur*innen aus dem Bereich der Pädiatrie, die entwicklungspsychologische Erkenntnisse und die Wichtigkeit der Mutter-Kind-Beziehung im Kontext des Säuglingsspitals aufnahmen und verbreiteten.

4.2 Diskursivierung von Reformen

Im Staatsarchiv des Kantons St. Gallen finden sich kantonale Auszüge mit Übersichten über bestehende Heime, die zeigen, dass noch im Jahr 1983 Einrichtungen bestanden, die Säuglinge aufnahmen und über längere Zeit beherbergten. Folglich führte die Problematisierung, die ab Mitte der 1950er Jahre erkennbar ist, nicht zur vollständigen Schliessung aller Institutionen. Die Spuren dieser Problematisierung zeigen sich jedoch in Diskursivierungen von Reformen auf unterschiedlichen Ebenen.
Vor dem Hintergrund des Diskurses über die Wichtigkeit der Mutter-Kind-Beziehung werden Reformen, z. B. im Rahmen der Modernisierung des kantonalen Säuglingsspitals, diskutiert und eingeführt. Im Zusammenhang mit den Plänen für den Neubau wird hervorgehoben, wie wichtig es sei, Mütter in den Spitalbetrieb einzubeziehen und dies auch in der baulichen Planung mitzudenken (Verein für Säuglingsfürsorge, 1957). So wird z. B. ein besonderes Stillzimmer für Mütter und ihre Säuglinge sowie ein neues Besuchszimmer beschrieben, die den Zweck haben, dass Säuglinge Zeit mit ihren Müttern verbringen können. Und nicht nur in den Bauplänen sind Effekte der entwicklungspsychologischen Erkenntnisse sichtbar. Im Säuglingsspital werden im Hinblick auf die Eröffnung des neuen Ostschweizer Säuglings- und Kinderspitals 1966 die Besuchszeiten der Eltern in ein unbeschränktes Besuchsrecht umgewandelt, damit Mutter und Kind während des Spitalaufenthalts des Kindes zusammenbleiben können. Dazu nimmt der Verein für Säuglingsfürsorge im Jahresbericht 1957 wie folgt Stellung:

Die negativen Wirkungen des Spitalaufenthalts sollen darum möglichst vermindert, die positiven gefördert werden. Etwas vom Wichtigsten ist dabei der

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möglichst nahe und häufige Kontakt mit der Mutter. Das Kind soll wissen, dass sie noch immer da ist, es soll sie immer wieder sehen. (…) Die grosse Wichtigkeit, welche dem Kontakt Kind/Mutter heute zugeschrieben wird, veranlasst uns, alles zu tun, um diesen Gedanken so weit wie irgend möglich zu verwirklichen. (S. 4–5)

Im Jahresbericht 1974 berichtet Kurt Baerlocher, damaliger Chefarzt des Ostschweizer Säuglings- und Kinderspitals, von den positiven Effekten, die mit der Besuchszeit einhergegangen sind, und verweist dabei explizit darauf, dass der «psychische Hospitalismus auf ein Mindestmass reduziert werden konnte» (Ostschweizerischer Verein für Säuglings- und Kinderfürsorge, 1974, S. 32–33).
Auch in den Dokumenten des Säuglings- und Kinderheims Tempelacker sind bauliche Veränderungen verzeichnet. Einerseits werden die Modernisierungen mit steigenden Belegungen begründet, andererseits findet sich auch die Argumentation, mit diesen die Befindlichkeit von Kindern und Personal zu steigern, wobei der Begriff Hospitalismus nur punktuell und insbesondere in Bezug auf die physischen Begleitfolgen verwendet wird (Kinderheim Tempelacker, 1955). Die vorhandenen Quellen geben Auskunft darüber, dass sich im Säuglings- und Kinderheim ab ca. 1960 die Tendenz abzeichnet, vom Grossbetrieb wegzukommen und einer familiennahen Betreuung den Vorzug zu geben. So wird «in der Geschichte des Säuglings- und Kinderheims 1874– 1984» im Zusammenhang mit einer baulichen Veränderung 1960 das Familiengruppen-Prinzip erwähnt: «Um allen Erfordernissen gerecht zu werden, plante Herr Winzeler östlich des Heims einen Pavillon, der das Hauptgebäude mit dem Schwesternhaus verbinden sollte. Darin sollen neue Aufenthalts- und Wohnräume für die Kinder nach dem Familiengruppen-Prinzip eingerichtet werden» (Hoffmann, 1985, S. 14).
Die bisherigen Analysen zeigen weiter, dass im Kanton St. Gallen im Zusammenhang mit Reformen auch rechtliche Dispositive eine zentrale Rolle spielten. 1955 nimmt der Kanton Einfluss auf die institutionelle Praxis, indem er das Heimwesen mit einer Verordnung über die Pflegekinder und die Kinderheime reformiert (Verordnung über die Pflegekinder und die Kinderheime vom 28. 11. 1955). Die Verordnung regelt u. a. die Bewilligung und Aufsicht von öffentlichen und insbesondere auch privaten Kinderheimen. Durch regelmässige Kontrollbesuche soll überprüft werden, ob die Kinderheime den «Vorschriften und besonderen Weisungen» (Verordnung über die Pflegekinder und die Kinderheime 1955, Art. 25) entsprechen, wobei der Fokus primär auf Sicherheitsaspekten, hygienisch-medizinischen wie auch wirtschaftlichen Aspekten liegt. Die geistige Entwicklung der Kinder wird nicht thematisiert (Weiss, 2022). Im Jahr 1985 wird der Kanton erneut als ein Akteur sichtbar, der in Bezug auf die

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institutionelle Praxis Reformen vorantreibt. Es erscheint ein Bericht der kantonalen Sozialen Dienste mit «Grundsätzen zur Führung von Kinderheimen, Tageshorten und Kinderkrippen» mit der Forderung, «einer Heimbewilligung qualifizierte und differenzierte Kriterien» (Soziale Dienste des Kantons St. Gallen, 1985, S. 3) zugrunde zu legen. Die Vermutung liegt nahe, dass sich in diesen Grundsätzen auch Anforderungen widerspiegeln, die 1977 auf Bundesebene im Beschluss der Verordnung über die Aufnahme von Kindern zur Pflege und Adoption (PAVO) sowie in den im folgenden Jahr erlassenen kantonalen Bestimmungen (Pflegekinderverordnung des Kantons St. Gallen 1978) festgehalten wurden und die nun explizit auch auf die geistige Gesundheit der Kinder Bezug nehmen. So wird im Bericht der kantonalen Sozialen Dienste auf das «Deprivationssyndrom infolge von Mangelbetreuung» in Heimen Bezug genommen: «Wir wissen heute sehr genau, dass schon ganz kleine Kinder bei Mangelbetreuung quantitativer und qualitativer Art sowie Beziehungsabbrüchen oder -unterbrüchen schweren Schaden nehmen» (Soziale Dienste des Kantons St. Gallen, 1985, S. 5). Aufgelistet werden die häufigsten Mängel und Unzulänglichkeiten bei den Betreuungsangeboten für Kleinkinder sowohl in Form von quantitativen Faktoren – z. B. «zu viele Kinder pro Erzieher», «zu häufige Wechsel der Bezugspersonen» (Soziale Dienste des Kantons St. Gallen, 1985, S. 5) – als auch qualitativen Faktoren. Vor diesem Hintergrund werden Richtlinien für die Praxis der Betreuung in den Institutionen abgeleitet. Dabei wird betont, dass insbesondere die strukturellen Bedingungen für optimale Entwicklungsbedingungen entscheidend seien. In diesem Zusammenhang wird u. a. ein Betreuungsschlüssel für Säuglingsabteilungen vorgegeben: «Falls an einer separaten Säuglingsabteilung vorderhand festgehalten werden muss: eine ausgebildete Betreuerin für drei Säuglinge» (Soziale Dienste des Kantons St. Gallen, 1985, S. 10). Gleichzeitig werden Säuglingsheime vor dem Hintergrund der sich etablierenden altersgemischten Gruppen im Bericht kritisch beurteilt: «Ausgesprochene Säuglings- und Kinderheime können kaum optimale Entwicklungsbedingungen bieten» (Soziale Dienste des Kantons St. Gallen, 1985, S. 4).
Insgesamt zeigt sich die Diskursivierung von Reformen im Kanton St. Gallen auf unterschiedlichen Ebenen, wobei primär strukturelle Veränderungen in Bezug auf bauliche und rechtliche Reformen oder solche im Bereich der Betreuungspraxis sichtbar werden.

5 Stationäre Unterbringung von Säuglingen im Tessin

Im Folgenden wird den Spuren der Problematisierung auf regionaler Ebene entlang eines zweiten Fallbeispiels aus dem Kanton Tessin nachgegangen und daran anschliessend ebenfalls die Frage in den Fokus gerückt, ob und welche

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Dispositive in der institutionellen Praxis sichtbar werden. Für den Kanton Tessin wurde bereits eine interessante institutionsgeschichtliche Rekonstruktion vorgelegt, die sowohl Kinderkrippen als auch Säuglingsheime betrachtet (Maffongelli, 2011). Nachfolgende Ausführungen bauen auf den Erkenntnissen dieser Studie auf und werden durch die Analyse der unter 2.2 erwähnten zeitgenössischen Quellen ergänzt.

5.1 Spuren der Problematisierungen

Im Kanton Tessin wird die Situation von Säuglingen in den Institutionen im Gegensatz zum schweizweiten Fachdiskurs und zu dem im Kanton St. Gallen kaum problematisiert. In den vorhandenen analysierten Quellen ist kein direkter Bezug auf die Studien zu ‹early separation›, zum Hospitalismus oder zur Bedeutung der Mutter-Kind-Bindung erkennbar. Das liegt zum einen vermutlich daran, dass es im Tessin nur wenige (Entwicklungs-)Psycholog*innen gab und der Diskurs zum frühkindlichen Wohl von Kinderärzt*innen dominiert wurde, die statt der seelischen Entwicklung des Kleinkindes primär den Ernährungs- und Hygieneaspekten grosse Bedeutung beimassen. Zum anderen lässt sich dieser Sachverhalt darauf zurückführen, dass im Tessin Mitte der 1950er-Jahre nach wie vor der Kampf gegen die im Vergleich zu anderen Kantonen immer noch hohe Säuglingssterblichkeit an erster Stelle stand und die zentralen Akteur*innen primär mit dieser Thematik beschäftigt waren. Dies zeigt sich z. B. daran, dass die Pro Juventute im Tessin noch in den 1950er-Jahren den «Wanderstuhl für Kinderbetreuung» unterstützte, der ursprünglich im Jahr 1920 zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit eingeführt wurde. Es handelte sich dabei um Säuglingsbetreuungskurse, die in den höher gelegenen Regionen des Tessins sowie auf dem Land durchgeführt wurden, da es dort nach wie vor an elementaren Kenntnissen über ein gute Säuglingsbetreuung fehlte (Maffongelli, 2011; Hofmann et al., 2011).
Einer der ersten, der auf das Problem der Säuglingssterblichkeit im Tessin aufmerksam machte und 1917 die erste Säuglingsapotheke des Kantons gründete, war der Kinderarzt Ezio Bernasconi. Ab diesem Zeitpunkt wandten sich auch andere Ärzt*innen dem Thema zu, wobei das Neugeborene noch bis in die 1960er-Jahre primär unter hygienischen und physischen Gesichtspunkten betrachtet wurde. Auch die geistige und emotionale Entwicklung des Kleinkindes wurde nicht eingehend untersucht und dementsprechend nur wenig in den Fachdiskurs einbezogen. So veröffentlichte Bernasconi im Jahr 1936 das Buch «Il libro della madre: nozioni elementari di medicina infantile», ein wichtiges Werk, dessen Fokus jedoch ausschliesslich auf Ernährung und Hygiene liegt. Elvezio Caldelari, Kinderarzt aus Lugano, veröffentlichte in den 1960er-Jahren

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ein Buch über die Entwicklung des Neugeborenen mit dem Titel «Introduzione alla puericultura nel primo anno di vita». Obwohl das Buch erst 1965 erschien, ist der Bedeutung der Bindung für die sogenannte seelische Entwicklung des Säuglings kein Kapitel gewidmet. Entwicklungspsychologische Aspekte wurden im Tessin seit den 1950er-Jahren einzig vor dem Hintergrund der Studien und Erkenntnisse über die Entwicklung der kindlichen Psyche von der italienischen Ärztin und Reformpädagogin Maria Montessori berücksichtigt. Sie wurde von vielen Fachpersonen zitiert und galt als Pionierin, die den Diskurs zur frühen Kindheit im Tessin entscheidend beeinflusst hat (Conti, 1950). Die Diskurse beziehen sich jedoch hauptsächlich auf didaktische Fragen und die psychomotorische Entwicklung des Kindes und weniger auf bindungstheoretische Aspekte.
Für den Kanton Tessin gilt es zudem zu bedenken, dass zu dieser Zeit viele Institutionen von religiösen Kongregationen betrieben wurden und im Zusammenhang mit Problematisierungen vor allem moralisierende Perspektiven dominierten. Die Mehrheit der Säuglinge, die in Tessiner Säuglingsheimen beherbergt wurden, waren ausserehelich geborene Kinder sowie Kinder aus armen Verhältnissen (Rendiconto del Dipartimento delle Opere Sociali, 1930– 1970). Bei diesen Säuglingen wurde der emotionalen Entwicklung keine grosse Bedeutung beigemessen, ebenso wenig wie der fehlenden Beziehung zwischen Säugling und Mutter. Der kantonale Dienst für Psychohygiene, der 1949 gegründet wurde und sich hauptsächlich mit Kindern von 3 bis 18 Jahren befasste, hatte also keinen Einfluss auf die Art und Weise der Betreuung von Säuglingen. Denn in erster Linie stand die körperliche Rettung des Säuglings im Vordergrund, während sich die Mutter von ihren Sünden reinzuwaschen hatte. Zumindest entspricht diese Perspektive der vorherrschenden Ansicht im stark katholisch geprägten Kanton Tessin in den 1950er und 1960er-Jahren (Maffongelli, 2011).
Nicht zuletzt gilt es zu beachten, dass im Kanton Tessin bis in die 1990er-Jahre keine Universität existierte und ein Studium daher nur ausserhalb der Kantons- oder Landesgrenzen (v. a. in Italien) möglich war. Vor diesem Hintergrund kann vermutet werden, dass der entsprechende Fachdiskurs ausserhalb der Kantons- und Landesgrenzen geführt wurde. Dies wäre eine Erklärung dafür, dass in den hier gesichteten zeitgenössischen Quellen des Tessins im Vergleich zur Deutschschweiz nur wenige Spuren der Problematisierung im Zusammenhang mit der Betreuung von Säuglingen sichtbar werden. Interessant ist zudem, dass aufgrund des kaum vorhandenen Fachdiskurses auch der Begriff Hospitalismus ‹Ospitalismo› in dieser Region keine nennenswerte Verbreitung oder Bedeutung hat.

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5.2 Diskursivierung von Reformen

In Bezug auf die Diskursivierung von Reformen lässt sich im Kanton Tessin vonseiten des Staates eine starke Einflussnahme mittels Einführung von gesetzlich geregelten Rahmenbedingungen erkennen. Argumentativ werden dabei auch Problematisierungen der stationären Betreuung als Ausgangspunkt gewählt. Damit wird auf einen rezipierten Fachdiskurs zurückgegriffen, um Reformen zu begründen. Im Jahr 1963 wurde ein kantonales Mutterschafts- und Kinderschutzgesetz (Legge sulla protezione della maternità, dell’infanzia, della fanciullezza e dell’adolescenza) in Kraft gesetzt, das zu einer Professionalisierung und Kontrolle aller Institutionen für Säuglinge, Kinder und Jugendliche führen sollte. In Anbetracht der Tatsache, dass zu diesem Zeitpunkt viele Einrichtungen von religiösen Ordensgemeinschaften betrieben wurden, deren Personal, also die dort tätigen Schwestern, keine Kurse für Säuglinge und Kleinkinder absolviert hatte und somit über kein entwicklungspsychologisches Wissen verfügte, ist diese Gesetzeseinführung im Kanton Tessin als grosser Schritt in Richtung Professionalisierung zu betrachten.
Am 1. Juni 1971 wurde im Anschluss an die Gesetzesrevision von 1970 (Aggiornamento della Legge sulla protezione della maternità, dell’infanzia, della fanciullezza e dell’adolescenza) eine weitere kantonale Regelung für die Unterbringung von Minderjährigen in Familien erlassen. In der Begründung der Regelung wird ersichtlich, dass sich die sozialen Dienste des Kantons nun noch intensiver mit der Thematik beschäftigten. So wird u. a. erläutert, dass der Staat im Rahmen seiner Aktivitäten zum Schutz des Kindes (Legge sulla protezione della maternità, dell’infanzia, della fanciullezza e dell’adolescenza del 1963) Untersuchungen über mögliche Schäden vertieft hat, die Kinder insbesondere in den ersten Lebensjahren erleiden können, wenn sie aus ihrer Familie herausgenommen und in einem Umfeld untergebracht werden, in dem ihre emotionalen Bedürfnisse nicht genügend befriedigt werden können:

Le moderne tesi psicologiche e pedagogiche fanno risalire ad uno scompenso affettivo vissuto nella prima infanzia l’origine di disturbi anche gravi che ritarderanno e pregiudicheranno il normale sviluppo fisico-psichico del bambino; questo scompenso può provocare un mancato interesse del bambino per ciò che lo circonda, un ritardo generale fisico quali il moto e la parola e renderà fragile la personalità del ragazzo e più tardi dell’adolescente; questa fragilità potrà essere causa di disadattamento che si manifesterà nelle relazioni dell’adolescente con la sua famiglia e con il suo ambiente sociale. (Aggiornamento della Legge sulla protezione della maternità, dell’infanzia, della fanciullezza e dell’adolescenza, 1970, S. 101–102)

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Inwiefern sich die neuen Gesetze tatsächlich auf die institutionelle Praxis der Säuglingsheime auswirkten, bleibt nach bisherigen Recherchen unklar. Es kann aber festgehalten werden, dass die Kinderkrippe Nido d’Infanzia in Lugano in den 1970er Jahren unter öffentliche Kontrolle geriet, da sie die vom neuen Gesetz von 1963 auferlegten Kriterien aufgrund fehlender Mittel nicht erfüllen konnte (Maffongelli, 2011). Auch die Culla Arnaboldi musste ihre Strukturen, in denen die Säuglinge untergebracht waren, stark verändern, um den Vorgaben der Gesetzgebung des Kantons zu entsprechen, wobei diese Institution privat organisiert blieb. In diesen und anderen Einrichtungen sind keine Quellen zu Änderungen der pädagogischen Konzepte vorhanden und somit keine Informationen über die tatsächlichen Praktiken bei der Betreuung der Säuglinge. In den betrachteten Heimen im Kanton Tessin (Nido d’Infanzia di Lugano, Culla San Marco Bellinzona, Culla Arnaboldi Lugano, Casa Santa Elisabetta Lugano) lassen die wenigen Archivbestände und zeitgenössischen Dokumente kaum Aussagen über Entwicklungen zu (vgl. Kap. 2.2).
Insgesamt wird die Diskursivierung von Reformen im Kanton Tessin bis anhin primär auf einer rechtlichen Ebene bzw. in der Einführung von gesetzlich geregelten Rahmenbedingungen erkennbar sowie zu einem grossen Teil in den parlamentarischen Verhandlungen über die neu verabschiedeten Gesetze und in den Berichten des Sozial- und Gesundheitsdepartements. Das Fehlen von universitären Zentren und der Mangel an Fachpersonen für Kinderpsychologie haben sich zweifellos auch als Schwäche im fachlichen Diskurs ausgewirkt. Dies erklärt zum Teil, warum der Kanton selbst der Haupttreiber für die Veränderung der Praktiken und der Betreuung in den Kinderheimen war.
Mit Blick auf die fachliche Entwicklung der Säuglingsheime finden sich möglicherweise in den kantonalen Archiven weitere Originalquellen, die allerdings momentan nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind.3 So gibt es aktuell lediglich aus damaligen Zeitungsartikeln (Giornale del Popolo, Gazzetta Ticinese) Hinweise darauf, dass sich die Säuglingsheime 1963 in dem neu gegründeten Verband «Associazione ticinese degli istituti per minorenni» (ATIM) zusammenschlossen, um zu prüfen, wie sie ihre Aufgaben im Hinblick auf das neue Mutterschafts- und Kinderschutzgesetz wahrnehmen könnten. Ebenfalls aus den Zeitungen der damaligen Zeit (Giornale del Popolo, Gazzetta Ticinese) finden sich Berichte über die jährlichen Treffen dieser Associazione sowie auf die von ihr organisierten (Weiterbildungs-)Kurse für Leitende wie Mitarbeitende dieser Organisationen, wie z. B. der 1970 von Dr. Luc Besso gehaltene Kurs mit dem Titel «Einführung in die Problematik der frühen affektiven Defizite». Ähnlich schlecht ist aktuell die Quellenlage mit Blick auf die 1949 gegründeten «Federazione ticinese delle opere assistenziali infantili» und

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der am 30. März 1973 in Bellinzona gegründeten «Federazione Ticinese delle Opere Sociali ed Assistenziali». Solange weitere Dokumente, die sich noch in den kantonalen Ämtern befinden, nicht in den Staatsarchiven der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, kann über die Rolle dieser Akteure im Diskurs wenig, bis nichts Konkretes gesagt werden.

6 Diskursive Wissensverschiebungen und dominante Dispositive

Die Problematisierungen stationärer Säuglingsbetreuung und die Diskursivierung von Reformen lassen sich zwischen 1950 und 1970 als Fachdiskurs umreissen, der in einer breiteren Öffentlichkeit kaum Niederschlag fand. Die Pro Juventute nimmt dabei v. a. in der Deutschschweiz die Funktion der Diskursverwalterin ein, wobei sie sich zunehmend von der Thematik der stationären Säuglingsbetreuung abwandte und sich stärker auf die kindliche Seele und die Aufgaben der Mutterschaft konzentrierte. Auch in St. Gallen stand im Kontext des Hospitalismus nicht etwa die stationäre Säuglingsbetreuung im Fokus, sondern vielmehr das Säuglingsspital. Was allerdings den deutschschweizerischen Diskurs massgeblich prägte, war das zunehmende entwicklungspsychologische Verständnis der kindlichen Psyche und die Bedeutung der dominanten Rolle der Mutter. Dieses Verständnis wurde im Kreis um Marie Meierhofer initiiert und u. a. durch Paul Nef in St. Gallen weiterverbreitet. Im Tessin hingegen wurde Hospitalismus nicht thematisiert. Das Säuglingsheim diente nach wie vor dem Überleben der Säuglinge, deren Herkunft vorwiegend moralisch problematisiert wurde. Die kindliche Psyche und die Notwendigkeit der mütterlichen Zuwendung standen dabei nicht im Vordergrund. Vielmehr zeichnete sich im Tessin zunehmend die stärkere Rolle der staatlichen Verantwortung ab, welche über rechtliche Vorgaben Ansprüche an Heimerziehung formulierte. Die rechtlichen Dimensionen des Diskurses sind im Tessin also früher zu erkennen als im deutschschweizerischen Kontext, wo rechtliche Argumente erst in den 1980er-Jahren aufgegriffen wurden.
Der Diskurs über Reformansprüche an die Heimerziehung und die stationäre Säuglingsbetreuung hat strukturelle (Recht, Bau, Finanzierung) und psychologische Dimensionen (Entwicklung kindlicher Seele). Untermauert wird er durch moralisierende Muster (Familie, Mütterlichkeit). Diese Dispositive möchten wir im Folgenden genauer ausführen, um abschliessende Aussagen bezüglich der Dynamik der Wissensverlagerungen zu formulieren.
Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der gesamten Schweiz noch medizinische Erklärungsansätze zur Gefährdung von Säuglingen den Fachdiskurs massgeblich bestimmten, dominierten ab der Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend entwicklungspsychologische Ansätze den Diskurs. Diese

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Wissensverschiebung bzw. -überlagerung lässt sich u. a. an den dominanten Akteurskonstellationen festmachen, in denen sich zwar vielfach noch vor allem Mediziner*innen äusserten, die aber ihr Wissen häufig um entwicklungspsychologische Erkenntnisse ergänzt hatten und diese über entsprechende Argumentationen zum Säuglingswohl in den Fachdiskurs einbrachten. Die gesamte Entwicklung des Diskurses verläuft zwar linear, aber zeitlich nicht kongruent – wie das Beispiel Tessin sehr gut zeigt. Die alten Wissensbestände verschwinden nicht gänzlich, sondern werden durch entwicklungspsychologisches Wissen überlagert.
Eine zweite zentrale Wissensverschiebung zeigt sich im Einfordern des Familienprinzips. Was in der Geschichte der Heimerziehung bereits seit Pestalozzi und Wichern als ideales Gestaltungsprinzip galt und gemäss Collaud & Janett (2018) auch die Heimerziehung in der Schweiz im 20. Jahrhundert regions- und konfessionsübergreifend dominierte, wird in der stationären Betreuung von Säuglingen vergleichsweise spät als Organisationsprinzip thematisch. Erst mit der Erkenntnis der Relevanz der frühkindlichen Psyche durch psychoanalytische Arbeiten wird im Familienprinzip sowohl symbolisch der Anspruch auf Bindung wie auch strukturell der Anspruch an ideale Bedingungen des Aufwachsens gebündelt. Altersgemischte Gruppen gelten nun als der Ort, wo ausserfamiliäres Aufwachsen toleriert werden kann. Dadurch verschwindet aber auch in gewisser Weise der Fokus auf Säuglinge: Sie werden in der Praxis in die Gruppe der Kleinkinder integriert und damit auch für die Forschung schwer zugänglich.
Vor dem Hintergrund dieser Wissensverschiebungen lassen sich analytisch drei Dispositive zum Säuglingswohl unterscheiden, welche sich ab den 1950er Jahren nachzeichnen lassen.

1. Kognitives Dispositiv: Wissen

Mit der Dominanz entwicklungspsychologischer Erklärungsmuster zur potenziellen Gefährdung von Säuglingen ging ein bestimmtes Bild des Säuglings einher. Der Säugling hatte nicht nur physische, sondern auch psychische Bedürfnisse, die nur in Abhängigkeit von besonders zugeneigten Personen gestillt werden konnten. Der Säugling blieb also ein abhängiges Wesen. Die besten Entwicklungschancen wurden Säuglingen mit guten, zugewandten und auch entspannten Müttern beigemessen, was mit einer bestimmten Vorstellung von Mutterliebe einhergeht. Es zeigt sich eine Analogie zwischen dem Bild des Säuglings und den Vorstellungen von Mutterliebe, die Schütze (1991) für den Zeitraum ab 1850 bis 1980 analysiert hat. Sie spricht von der «Wachablösung» der «Medikalisierung» hin zur «Psychologisierung» (Schütze, 1991, S. 76), die sich in westlichen

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Gesellschaften seit den 1930er Jahren abzeichnete und in die «emotionale Bereicherung» (Schütze, 1991, S. 90) der Mutterliebe seit dem Zweiten Weltkrieg mündete. Der als gefährdet angesehene Säugling stellt somit eine Facette der Negativfolie gegenüber der positiv bewerteten Folie der behüteten Kindheit dar, die sich auch nach 1945 verstärkt durchsetzte (Bossert & Hauss, 2018).

2. Materielle Dispositive: räumliche Strukturen und gesetzliche Massnahmen

Bereits zu Beginn der Lancierung von Säuglingsheimen um 1900 nahmen bauliche Initiativen einen zentralen Stellenwert ein. So wurden u. a. Veranden und Gärten als hygienische Massnahmen zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit gebaut. Ab den 1960er Jahren wurden bauliche Massnahmen und Pläne zunehmend mit den Bedürfnissen der Säuglinge legitimiert. Die Räume sollten das Arbeiten und den Aufenthalt in altersgemischten Gruppen ermöglichen. Dieses räumliche Dispositiv hat in der Geschichte der Pädagogik der frühen Kindheit eine lange Tradition, wie die raumtheoretisch-orientierte Kindheitsforschung zeigt (Braches-Chyrek & Röhner, 2016). Der Blick auf räumliche Arrangements in der frühen Kindheit in Gegenwart und Vergangenheit zeigt gemäss Schnoor (2017), dass sowohl Sorge als auch Bildung ermöglicht werden sollten und dementsprechend das kleine Kind Objekt und Subjekt zugleich sei. War das Säuglingsheim seit Beginn des 20. Jahrhunderts räumlich eindeutig eine pflegerische Gesundheitseinrichtung, wurde ab den 1960er Jahren ein Raum für Erziehung, Spiel, Entwicklung, aber auch Fürsorge gefordert.
Während in der Deutschschweiz die räumlichen Dispositive dominierten, waren es im Tessin die rechtlichen Dispositive. Das ist insofern interessant, als die Vormundschaftspraxis in der Schweiz bereits seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts gefährdete Subjekte durch neue Gesetze fokussierte und im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) seit 1912 die Elternpflicht bei Vernachlässigung festgeschrieben war (Lengwiler & Praz, 2018). Zudem stellte das Inkrafttreten der PAVO 1978 ein für die gesamte Schweiz zentrales rechtliches Dispositiv dar. Die Verordnung formulierte erstmals gesamtschweizerische Anforderungen an das Heim- und Pflegekinderwesen und ging über die allgemeinen Bestimmungen des ZGB hinaus. So wurden Anforderungen an «die körperliche und geistige Gesundheit der Kinder, die Ausbildung des Personals, die wirtschaftliche Grundlage der Betriebe und die Inspektionsfrequenz» (Weiss, 2022, S. 249) gestellt. Diskursiv wurden aber weniger die Inhalte politisch verhandelt als vielmehr die Frage, ob es überhaupt eine gesamtschweizerische Bestimmung im föderalistischen System geben dürfe (Weiss, 2022,
S. 249).

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Bei der Durchsetzung von Verfahrenswegen sind die föderalistischen Strukturen zentral (Businger et al., 2018), weshalb der Befund kantonaler Differenzen bei der Gewichtung der rechtlichen Dispositive nicht erstaunt. So folgt der Kanton Tessin dem Muster ‹administrativer Zentralisierung›, das sich dem der Romandie stärker annähert und in Differenz zur Deutschschweiz steht (Collaud & Droux, 2018, S. 53).

3. Moralische Dispositive: Familienideal und Mütterlichkeit

Das moralische Dispositiv in der Bestimmung der Gefährdung von Säuglingen war demjenigen von Kindern und Jugendlichen gleichgesetzt. So stellte die Fokussierung auf ‹zerrüttete› Familienverhältnisse einen dominanten Schwerpunkt von behördlicher Platzierungspraxis (Businger & Ramsauer, 2019) aller Kinder und Jugendlichen dar. Bei Säuglingen war es insbesondere die Mutter, die ein dominantes moralisches Dispositiv darstellte. Als mütterlich definierte Tugenden wurden dadurch nicht nur reproduziert, sondern geradezu verstärkt, was in einer Hochkonjunktur des normativen Leitbildes der Mutterliebe kulminierte (Schütze, 1991). Dieses war anschlussfähig an einen allgemeinen gesellschafts- und familienpolitischen Wandel der Nachkriegszeit – auch in der Schweiz –, der die Norm der bürgerlichen Kindheit auch auf Fremdplatzierung übertrug (Bossert & Hauss, 2018).

Die Thematisierung der räumlichen Bedingungen, des Betreuungsschlüssels und des Familienprinzips innerhalb der stationären Betreuung von Säuglingen, die Hinwendung zu pädagogischen Ansprüchen und die rechtliche Rahmung der Betreuungseinrichtungen und Platzierungspraxen sowie entsprechende neue Anforderungen an das Personal stellen zentrale Ansatzpunkte einer ‹stillen› Säuglingsheimreform dar. ‹Still› war sie deshalb, weil im Gegensatz zur Heimkampagne im Hinblick auf Kinder- und Jugendheime keine mediale Öffentlichkeit erlangt wurde. Dies mag auch erklären, warum die Säuglingsheime – anders als beispielsweise in Westdeutschland (Berth, 2022)4 – in der Schweiz nicht vollständig verschwanden, wenngleich die Datengrundlage eine abschliessende Beurteilung des Ausmasses des Fortbestandes nicht zulässt.
Mit Bezug zum fremdbetreuten Säugling kann abschliessend gefolgert werden, dass sich mit der Hospitalismusdebatte eine Kontinuität der Legitimierungsbedürftigkeit und eine Dominanz entwicklungspsychologischer Begründungszusammenhänge im Fachdiskurs manifestierten. Insbesondere der Fokus auf bindungstheoretische Argumentationen, die stellenweise sehr verkürzt rezipiert werden (Keller, 2021), verstärkt die Legitimierungsbedürftigkeit bis heute. Die stationäre Betreuung von Säuglingen behält dadurch die Funktion einer Notlösung für Extremfälle.

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Bettina Grubenmann, Dienststelle Familie und Jugend, Erziehungsdepartement des Kantons Schaffhausen, bettina.grubenmann@sh.ch
Giacomo Müller, Berufsschullehrer; Forschungsmitglied der Stiftung Pellegrini Canevascini, mueller.giacomo@gmail.com

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