[Articles] Sachverhaltserforschung als Ermessensarbeit. Abklärungslogiken im Kontext von Hausbesuchen im Kindes- und Erwachsenenschutz

Markus Steffen, Martina Koch und Rahel Bühler

Zusammenfassung
Der Artikel geht der Bedeutung von Hausbesuchen in kindes- und erwachsenenschutzrechtlichen Abklärungen nach. In der Studie wurden drei Regionen in der Deutschschweiz mit einem an der Grounded Theory orientierten Vorgehen untersucht. Die Analyse von Interviews mit Fachkräften, Falldossiers und teilnehmenden Beobachtungen zeigt, dass sich die Abklärungsarbeit mit Michael Lipskys Konzept der Street-Level Bureaucracy als eine Ermessensarbeit fassen lässt. Der rechtlich-organisationale Rahmen räumt den einzelnen Abklärenden hohes Ermessen in Bezug auf ihr Vorgehen ein. Der Zeitpunkt und die Art der Durchführung von Hausbesuchen variieren, insbesondere weil Abklärende versuchen, einen kooperativen Zugang in die Privatheit zu finden. Der Hausbesuch fungiert dabei als ein Blick in eine private Hinterbühne, mit dem ein gewisses Objektivitätsversprechen verknüpft wird. Gleichzeitig zeigen sich Prozeduren, die der Kontrolle einer grundlegenden Subjektivität in der Wahrnehmung der Privatheit von Bürger:innen dienen.

Schlüsselwörter: Kindesschutz, Erwachsenenschutz, Hausbesuche, Ermessen, Abklärungen

Fact-finding as Discretionary Work. Logics of Assessment in the Context of Home Visits in Child and Adult Protection

Summary
The article examines the importance of home visits in the assessment of child and adult protection cases. In the study, three regions in German-speaking Switzerland were investigated using a grounded theory approach. The analysis of interviews with caseworkers, case files and participant observations uses Michael Lipksy’s concept of street-level bureaucracy and shows that the assessment work can be seen as discretionary work. The legal-organisational framework gives the individual workers a high degree of discretion with regard to their procedures. The timing and manner of conducting home visits varies, especially because caseworkers try to find a cooperative access into the private sphere. The home visit functions as a glimpse into a private backstage, with which a certain promise of objectivity is linked. At the same time, we observed procedures that serve to control a fundamental subjectivity in the perception of citizens’ privacy.

Keywords: child protection, adult protection, home visits, discretion, risk assessment

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1 Einleitung

Beim Hausbesuch handelt es sich um ein eng mit der Sozialen Arbeit verbundenes Handlungssetting. In einer Studie zu den USA wird der Hausbesuch gar als “social work’s totem technique” (Margolin, 1997, S. 6) bezeichnet. Bis heute wird denn auch auf eine bereichsübergreifende Bedeutung von Hausbesuchen verwiesen. Dies erstaunt insofern kaum, als sich die Soziale Arbeit besonders in denjenigen wohlfahrtsstaatlichen Feldern etabliert hat, die «das Funktionieren des privaten Raumes» (Alberth et al., 2010, S. 489) garantieren sollen. Für die Schweiz finden sich bisher indes noch keine fokussierten Analysen zur Bedeutung des Hausbesuchs. Im Folgenden gehen wir deshalb der Frage nach, welche Rolle Hausbesuche in den Abklärungen im zivilrechtlichen Kindes- und Er wachsenenschutz der Schweiz spielen. Wir fokussieren damit einen multiprofessionellen Hand lungsrahmen, in den Sozialarbeitende involviert sind 1 und in dem re gel mäs sig auf Hausbesuche zurückgegriffen wird.
Unsere Erörterungen basieren auf einer empirischen Studie, deren me thodisches Vorgehen wir im ersten Kapitel darlegen. Anschliessend werfen wir ausgehend vom Konzept des Ermessens im Theorierahmen der sog. StreetLevel Bureaucracy einen Blick auf die disparate und weitgehend auf Grossbritannien und Deutschland beschränkte Empirie zum Hausbesuch in der Sozialen Arbeit. Aus derselben Theorieperspektive beleuchten wir dann die Reform des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts (KESR-Re form), welche die Abklärungsarbeit rahmt. In den beiden nachfolgenden Kapiteln konzentrieren wir uns auf unsere empirischen Befunde.

2 Methodisches Vorgehen

Die Befunde stammen aus einem Projekt, in dem abklärend-diagnos tische Haus be suche im Kindes- und Erwachsenenschutz in drei Regionen der Deutsch schweiz untersucht wurden.2 Das Teilprojekt zur Gegenwart orientierte sich an der Grounded Theory (GT). Das damit verbundene Vor gehen ermöglichte ei ne datenbasierte Theoriebildung (Strauss & Corbin, 1996, S. 7–9) zu den untersuchungsleitenden Fragen, wie in Abklärungen Hausbesuche durchgeführt werden, welches Wissen dabei konstruiert und wie dieses Wissen entscheidungsrelevant gemacht wird (Koch et al., 2020). Unser deskriptives Erkenntnisinteresse verfolgten wir mit einer itera tiv- zyklischen, am theoretischen Sampling orientier ten Forschungslogik: Die Entscheide über die Orte der Datenerhebung und die Art des Materials erfolgten somit während des Forschungsprozesses in der analytischen Auseinandersetzung mit den lokalen Vollzugsstrukturen im Kindes- und Erwachsenenschutz und dem bereits erhobenen Material (Strü bing, 2014, S. 29–32). Nach einer um eine Kleinstadt situierten Region mit

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kommunal und dezentral geprägten Strukturen untersuchten wir eine Grossstadt mit einer vergleichsweise zentralisierten Sozialverwaltung. Diese beiden Regio nen ergänzten wir mit einer Gegend um eine Kleinstadt, deren Kindes- und Er wachsenenschutz im kantonalen Recht relativ stark reguliert und teilweise in die Kantonsverwaltung integriert ist. Die in den derart organisational kontrastierenden Regionen erhobenen Daten bestehen zur Hauptsache aus 29 Transkripten von leitfadengestützten Interviews mit Abklärenden sowie 13 Kindes- und 29 Erwachsenenschutzdossiers aus drei Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) sowie einer mandatierten Organisation. Neben der Covid-19-Pandemie, während der Hausbesuche teilweise ausgesetzt wurden, erschwerten Vorbehalte der in die Fors chung involvierten Organisationen die Absicht, die Daten primär mittels teilnehmender Beobachtungen zu erheben; einen unmittelbaren Eindruck der Praxen konnten wir uns jedoch in vier protokollierten Beobachtun gen verschaffen, wobei eine auf den Erwachsenen- und drei auf den Kindesschutz entfielen. Die offene Forschungslogik der GT ermöglichte nicht nur eine flexible Reaktion auf die Hindernisse im Feldzugang, sondern auch eine konsistente Auswertung der verschiedenen Materialsorten. Hierzu wur den alle Materialien digitalisiert und softwaregestützt codiert. Mit der für die GT klassischen Methode des ständigen Vergleichs wurde das Material im Dreischritt vom offenen über das axiale zum selektiven Codieren aufgebrochen und zu zunehmend abstrakteren Kategorien verdichtet (Strübing, 2014, S. 14–28). Als Validitätskriterium diente die theoretische Sättigung: Es wurde so lange Material erhoben und ausgewertet, bis neue Erhebungen und Auswertungen zu keinen neuen Erkenntnissen mehr führten (Strübing, 2014, S. 32–33). In dieser Weise erhebt die Analyse Anspruch auf eine «konzeptionelle Repräsentativität» (Strübing, 2014, S. 32) zu den untersuchten Regionen.

3 Der Hausbesuch zwischen Professionalismus und Formalisierung

Eine Kernaussage des von Michael Lipsky (2010) geprägten Konzepts der Street­ Le vel Bureaucracy besteht darin, dass sich die Umsetzung von Wohl fahrtspolitiken einer simplen Top-Down-Logik verschliesst. Ursächlich hierfür ist die komplexe Rolle, welche die sog. Street-Level Bureaucrats (SLB) in der Politikimplementation spielen. Gemeint ist damit jenes Personal des Wohlfahrtsstaates, das abstrakte Politiken in der direkten Interaktion mit Bürger:innen und in einer häufig kontrovers diskutierten Weise konkretisiert. SLB (Sozialarbeitende, Polizist:innen usw.) prägen für Lipsky die gelebte Realität der Wohlfahrtspolitik. Ihre Position im organisationa len Gefüge “regularly permits them to make policy with respect to significant aspects of their interactions with citizens” (Lipsky, 2010, S. 13). Zentral für die Bedeutung von SLB ist das Ermessen,

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das ihnen in der Ausübung ihrer Arbeit zukommt. Dieses Ermessen sieht Lipsky un entwirrbar verknüpft mit zwei grundlegenden Rationalitäten personenbezogener Interventionen im Wohlfahrtsstaat: Erstens sind die Ziele von Street-Level Bureaucracies meist vage, schwer messbar und häufig widersprüchlich (Lipsky, 2010, S. 40–53). Ermessen fungiert in der Folge als ein Kontext, in dem nebulöse Programmatiken in konkretes Handeln übersetzt werden (Evans & Harris, 2004, S. 882). Zweitens folgt die Uneindeutigkeit der Ziele einer sachlichen und legitimatorischen Notwendigkeit:

The essence of street­level bureaucracies is that they require people to make decisions about other people. … It is the nature of what we call human services that the unique aspects of people and their situations will be apprehended by public services workers and translated into courses of action responsive to each case within … limits imposed by their agencies. (Lipsky, 2010, S. 161)

Der Anspruch an die Responsivität von Interventionen ist besonders hoch, wenn Professionsangehörige als SLB agieren. Deren grosse Bedeutung in der Wohl fahrtsbürokratie gründe auf der Erwartung, dass “[s]ocial workers, teachers, and, of course, doctors and lawyers … respond to the individual and presenting situation, however strongly their work situations mitigate against flexible responses” (Lipsky, 2010, S. 162). Ein Kontext von Ermessen in der Wohlfahrtsbürokratie ist damit der sog. “bureau-professionalism”. Bezeichnet wird damit ein zwischen den 1940er- und 1970er-Jahren verorteter organisationaler Zusammenhang, in dem sich die «Ermessensarbeit» (Heisig, 2005, S. 41) Professioneller scheinbar friktionslos in die regelorientierten Strukturen staatlicher Bürokratien einfügte (Evans, 2020, S. 3). Die kritische Diagnose eines Managerialismus besagt, dass danach politische Regulationsversuche das Ermessen von SLB zu Ungunsten ihrer Professionalität und zu Gunsten der höheren Hierarchieebenen eingeschränkt haben (Otto & Ziegler, 2018). Evans und Harris (2004) sprechen mit Blick auf diese in der Sozialen Arbeit gängige Kritik von einer “curtailment literature” (S. 873). Wichtig erscheint uns ihr Hinweis, wonach in diesem Diskurs zweifelhafte Ermessens-Konzepte kursieren. Mit Dworkin (1984, S. 69) sei Ermessen als eine Situation zu verstehen, in der «jemand allgemein damit beauftragt ist, Entscheidungen zu treffen, die Massstäben unterliegen, welche von einer bestimmten Autorität aufgestellt wurden». Ermessen bedeutet also keine Regulationsfreiheit, sondern eine relative Entscheidungsautonomie, wobei sich graduell zwischen starkem und schwachem Ermessen unterscheiden lässt. Starkes Ermessen markiert einen Kontext, in dem die Ermessensarbeit eher an Prinzipien als an explizite “criteria of decision-making” (Evans &

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Harris, 2004, S. 881) gebunden ist. Schwaches Ermessen liegt vor, “when the authority to use judgment is limited by instructions to apply specified aspects or considerations, or to prioritize between different considerations» (Skivenes & Sørsdal, 2018, S. 61). Während die “curtailment literature” gemäss Evans und Harris (2004) einen “death of discretion” postuliere, sei davon auszugehen, dass SLB auch nach der als Managerialismus debattierten Entwicklung und somit in einem stärker regulierten Kontext Ermessensarbeit betreiben.
Eine Erhöhung gesetzlich-administrativer Regulierung wird in ter national besonders im Kindesschutz beobachtet. Die Politik scheint im Um gang mit diesem skandaldichten Handlungsfeld häufig auf eine si cher heits orientierte Formalisierung der Entscheidungsprozesse zu drängen (z. B. Alberth, 2010). In Grossbritannien und Deutschland ist der Hausbesuch in Kindesschutzverfahren zu einem Einsatzpunkt von Formalisierungs ver suchen geworden. Dass das tief mit der Geschichte der Sozialen Arbeit verwo bene (z. B. Bühler et al., 2021; Bühler et al., 2022; Urban-Stahl, 2015, S. 173–175; Winter & Cree, 2016) und bis in den gegenwärtigen Methodenkanon etablierte Instrument (z. B. Biesel et al., 2017, S. 101–103) gerade in diesen Ländern empirische Aufmerksamkeit erfährt, erscheint uns wesentlich als eine Reaktion auf solche Regulationsversuche.
› In Grossbritannien kam es ab 1989 zu zentralstaatlichen Regulationen des Hausbesuchs, nachdem Zweifel an der diesbezüglichen Er messensarbeit von Sozialarbeitenden aufgekommen waren (Win ter & Cree, 2016, S. 1183–1184). Beobachtet wird dabei eine Ent wicklung des Hausbesuchs “from a social casework approach towards that of assessment, risk and case management” (Winter & Cree, 2016, S. 1184). Befunde zur häufig als Managerialisierung kritisierten Entwicklung des britischen Kindesschutzes zeichnen ein uneinheitliches Bild. Mit Blick auf den Hausbesuch wird aber moniert, dass dessen Formalisierung die Qualität der Interaktionen zwischen SLB und Familien bedrohe. Aktuelle Forderungen nach einer verstärkten Individualisierung der Hausbesuchspraxen werden kontrovers diskutiert (Winter & Cree, 2016, S. 1183–1187). Ein Ergebnis der britischen Debatte ist eine im internationalen Vergleich breite Empirie zum Hausbesuch (Broadhurst et al., 2010; Cook, z. B. 2017; Saltiel & Lakey, 2020; Ferguson, z. B. 2010).
› In Deutschland war es ein Gesetzesentwurf von 2008, der eine Hausbesuchspflicht in Kindesschutzabklärungen vorsah und heftigen Widerstand der Fachöffentlichkeit hervorrief. Aus Sicht der Letzteren war er von Skandalen motiviert, in denen Akteur:innen des Kindesschutzes gemäss öffentlicher Meinung über augenfällige Gefährdungen hinweggesehen hatten. Für Urban-Stahl (2015, S. 177) wurde

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eine verstärkte Kontrolle durch Hausbesuche simplifizierend «zum Heilmittel und Symbol der Verbesserung des Kinderschutzes». Der Widerstand war erfolgreich: Letztlich wurde die Pflicht auf Situationen beschränkt, in denen der Hausbesuch fachlich erforderlich ist (Urban-Stahl, 2015, S. 177). Die Argumentation gegen die Hausbesuchspflicht erinnert stark an Lipskys Begründung des Ermessens als ein Individualisierungstool: Während eine häufige Indikation für einen Hausbesuch unbestritten sei, werde eine generelle Pflicht der Heterogenität der Fälle nicht gerecht und könne den Zugang zu Familien erschweren (z. B. Meysen, 2008). Interessant ist weiter, dass es in Deutschland erst nach dieser Debatte zu konzentrierten Analysen des Hausbesuchs kam (Albrecht et al., 2016; Freres et al., 2019; Gerull, 2013, 2014; Urban-Stahl, 2015; Urban-Stahl et al., 2018).
Empirie zeigt Folgendes: Wie ersichtlich wurde, kann der Hausbesuch in Kindesschutzabklärungen zu einem Zankapfel zwischen politischen Kräften und einem um ein starkes Ermessen bemühten Professionalismus wer den. Während erstere auf eine Formalisierung des Hausbesuchs drängen, beharren die intervenierenden Professionellen darauf, dass aufgrund fallindividueller Überlegun gen darüber entschieden wird, wann und wie Hausbesuche eingesetzt werden. Weiter spricht die Beobachtung, dass primär externe Regulierungen eine wissenschaftliche Auseinandersetzung aus zu lösen scheinen, für ei nen Befund der sich entwickelnden Literatur: Der Hausbesuch ist ein von Ge nerationen von Sozialarbeitenden einge setztes Setting, das ob seiner Selbstverständlichkeit wenig hinterfragt wird (z. B. Rüting, 2009, S. 12). Von analytischer Bedeutung ist der Hausbesuch jedoch deshalb, weil sich in ihm «die Ambivalenzen und Paradoxien der Sozialen Arbeit wie in einem Brennglas» (Gerull, 2013, S. 60) bündeln. Dabei verweist ein über die disparate Empirie hinweg einheitlicher Befund darauf, dass sich der Hausbesuch spannungsreich zwischen den Polen Beziehungsgestaltung und Informationsermittlung bewegt (Albrecht et al., 2006, S. 118; Broadhurst et al., 2010, S. 1056–1058; Cook, 2017, S. 435; Ferguson, 2010, S. 1110–1114; Gerull, 2013, S. 56; Saltiel & Lakey, 2020, S. 39; UrbanStahl, 2012, S. 249–251).

4 KESR-Reform: Im Zeichen professionellen Ermessens?

Die von der “curtailment literature” beschriebene Entwicklung von einem “bureau-professionalism” mit starkem Ermessen zu einem durchregulierten Handlungskontext lässt sich schwer auf den Kindes- und Erwachsenenschutz in der Deutschschweiz übertragen. Bis zur 2013 in Kraft getretenen

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Gesetzesreform war der Bereich dezentral organisiert und lag primär in den Händen von Gemeindebehörden. Während grössere Orte den Bereich ab den 1910erJahren professionalisierten, blieben vielerorts mit Laien besetzte Milizbehörden zuständig. Auf einer überkommunalen Ebene waren die Betroffenenrechte ähnlich schwach geregelt, wie die Frage, in wie fern Interventionen auf professioneller Expertise basierten (Gallati, 2016; Voll et al., 2008).
Die wichtigste Neuerung der Reform ist neben einer Stärkung der Rechte der Betroffenen (Cottier & Steck, 2012) die Einführung von multiprofessionellen KESB.
Vertreten sind in den Gremien vor allem Expert:innen des Rechts und der Sozialen Arbeit, wobei reguläre Entscheide in einem Dreiergremium gefällt werden müssen (Schnurr, 2016, S. 126). Angepasst wur de weiter der erwachsenenschutzrechtliche Massnahmenkatalog. Ana log zu einer im Kindeschutz Ende der 1970er-Jahre erfolgten Anpassung (Häfeli, 2002) soll dieser eine neuartige Feinjustierung schutzorientier ter Autonomiebeschränkungen ermöglichen. Das hiermit verbundene Prinzip der sog. Massschneiderung und die Professionalisierung der Behörden werden in der Reform-Botschaft eng aufeinander bezogen: Die Fachbehörden werden insbesondere damit begründet, dass die Massschneiderung zu Anforderungen führe, denen nur mit Professionalität begegnet werden könne (BR, 2006, S. 7010–7011, 7073). Dabei soll die «Massarbeit» (BR, 2006, S. 7016) der Fachbehörden ermöglichen, dass «im Einzelfall nur so viel staatliche Betreuung angeordnet wird, wie wirklich nötig ist» (BR, 2006, S. 7016). In der Herleitung dieser Massarbeit taucht ein Argument auf, das mit Lipskys Stichwort der Responsivität gefasst werden kann: Die Eingriffe unter dem Altrecht werden als schematisch problematisiert. Dies sei nicht nur grundrechtlich heikel, sondern könne auch einem wirksamen und partnerschaftlichen Handeln gegenüber der «zum Teil anspruchsvoller geworden[en]» (BR, 2006, S. 7008) Klientel im Weg stehen. Punktuell sei es deshalb bereits vor der Reform zu einer «kreative[n] Interpretation» (BR, 2006, S. 7008) des Rechts gekommen. Die geforderte Massarbeit der Behörden zielt somit auf eine Responsivierung der Massnahmen und hierüber auf eine stärkere Wirksamkeit und Akzeptanz. Ein flexibilisierter Regelrahmen soll flexible Antworten auf “unpredictable and variable needs” (Evans & Harris, 2004, S. 882) ermöglichen. Die in der Vernehmlassung «grossmehrheitlich unbestritten[e]» (BR, 2006, S. 7073) Implementation professionalisierter Behörden zeigt weiter, dass jene Responsivität herstellende Massarbeit exklusiv einem professionellen Handeln zugetraut wird. Die KESR-Reform bestätigt damit die Beobachtung, dass “public policy continues to identify a significant role for professional discretion” (Evans & Harris, 2004, S. 883). Denkt man daran, dass Ermessen nicht mit Regulationsfreiheit zu verwechseln ist, steht die parallele Stärkung der Betroffenenrechte

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dem nicht entgegen. Vielmehr zeigen sich hier und im Grundsatz der Kollegiums entscheide Kontrollmechanismen, die verhindern können, dass pro fessionelles Ermessen in Willkür umschlägt: “Peer supervision” (Evans, 2020, S. 3) und “democratic accountability” (Evans, 2020, S. 7).
Die detailliertere bundesrechtliche Regulation nach der KESR-Reform weist in Richtung eines starken Ermessens. Wichtige Termini sind in der juristischen Literatur weit gefasst: Der Begriff des Kindeswohls figuriert als ein «Ermessensbegriff» (Rosch & Hauri, 2016, S. 412), was auch international nicht ungewöhnlich ist. In einem Vergleich des Operationalisierungsgrades des Begriffs in verschiedenen Ländern rangiert das hiesige Recht allerdings als “by far the most general” (Skivenes & Sørsdal, 2018, S. 79). Ähnlich wird es als «Er messensfrage» (Bertschi & Loeb, 2016, S. 266) be zeichnet, wann eine Gefährdungssituation erwachsenenschutzrechtlich relevant ist. Die mit den offenen Begriffen verbundene Abstraktheit der Massstäbe erfordert eine fallbezogene Konkretisierung (Steffen & Koch, i. D.), die sich einer «einfache[n] Subsumtion eines Lebenssachverhalts» (Schei we, 2013, S. 211) unter einen Begriff verschliesst. Zur Prozessierung und zum organisationalen Setting dieser Konkretisierungsarbeit macht das Bundesrecht wenig Vorgaben: Die Verfahrensregulation ist auf dieser Ebene rudimentär (Cottier & Steck, 2012, S. 986) und entgegen ursprüngli chen Intentionen auf Expert:innenebene erfolgte mit der Reform kein Bruch mit der kantonalen Organisationsvielfalt (Emprechtinger & Voll, 2018, S. 109). Die Verfahren oszillieren zwar nicht mehr um die kommunalen Vormundschaftsbehörden, sondern um die prozessverantwortlichen KESB. Letztere agieren aber je nach Kanton als Gerichts- oder Verwal tungsbehör de und variieren darüber hinaus in ihrer organisationa len Gestalt (Schnurr, 2016, S. 126–127). Eine über das Gebot multiprofessioneller Entscheidkollegien und die Stärkung der Betroffenenrechte hinausgehende «Normverdichtung» (Al berth et al., 2010, S. 483) ist auf überkantonaler Ebene nicht in Sicht. Wie wir nun darlegen, bleibt die organisationale und prozessuale Vielfalt in den von uns untersuchten Abklärungen auch auf den unteren Ebenen ungebrochen.

5 Iterative Wissenskonstruktion in organisationalen Patchworks

Versucht man die Logik der von uns untersuchten Abklärungen zu umreis sen, so könnte man von einer iterativen Wissenskonstruktion in von profes sionellen Ermessensarbeiter:innen moderierten organisationalen Patch works sprechen. Grundsätzlich liegt es im Ermessen der KESB, «welche rechtsrelevanten Sachverhaltselemente sie mit welchen Beweismitteln abklärt» (Michel & Gareus, 2016, S. 879). Dabei kann sie hierfür geeignete externe Akteur:innen mandatieren (Michel & Gareus, 2016, S. 879). Aufgrund der kantonalen Regelungen

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werden in den von uns beforschten Regionen – abgesehen von wenigen Ausnahmen – reguläre Abklärungen von externen Organen der Sozial verwaltung übernommen. Letztere sind in historisch gewachsenen Funktionen und mit heterogenen organisationalen Hintergründen involviert. In einer Formulierung, die an den in der Kindeschutzliteratur auftauchenden Patchwork-Begriff erinnert (Schnurr, 2016, S. 132), beschreibt ein Sozialarbeiter einer KESB den lokalen Abklärungsprozess als eine «zusammengeschusterte Lösung», die auf das aufbaue, «was früher gewesen ist» – womit er die Zeit vor der KESRReform anspricht.3 In den interorganisationalen Allianzen, in denen verschieden organisier te Sozialdienste sowie Profit- und Non-Profit-Organisationen Entscheidgrund lagen erarbeiten, hätten die KESB die Möglichkeit, die externe Abklärung detailliert und etwa in Bezug auf den Hausbesuch zu instruieren (Rosch, 2011, S. 40–42). Auf detaillierte Instruktionen verzichten die von uns beforschten KESB jedoch. Typischerweise erhalten Abklärende ein- bis zweiseitige Abklärungsaufträge mit offenen Fragen zur jeweiligen Lebenssituation. Diese Fragen gehen über die in der Gefährdungsmeldung problematisierten Sachverhalte hinaus und enthalten zumeist keine eigentlichen Vorgaben zur Methodik der diesbezüglichen Wissensgenerierung. Im Kindesschutz und wenn Problematisierungen der «häusliche[n] Situation» auftauchen, wird von den KESB zwar ein Hausbesuch erwartet – i. d. R. wird dies in den Abklärungsaufträgen aber nicht expliziert. Ein Behördenmitglied mit sozialarbeiterischem Hintergrund begründet dies damit, dass es sich bei den Abklärenden um «professionelle Sozialarbeitende» handle. Eine thematisch-methodische Engführung des Auftrags aufgrund der bei der Behörde vorliegenden Informationen wäre «anmassend» und es sei mit Blick auf die offenen Fragen «Aufgabe des Abklärungsdienstes, entsprechend zu kanalisieren». Qualitätsmängel in Abklärungsberichten führt er denn auch weniger auf Probleme der Prozeduralisierung zurück, sondern darauf, dass er es teilweise mit Professionsnoviz:innen und quasi mit unausgereiften Ermessensarbeiter:innen zu tun hat. Der Blick auf die Seite der mit Abklärungen mandatierten Organisationen bestätigt dieses Bild: Ei ne Sozialarbeiterin eines Abklärungsdienstes im Kindesschutz konstatiert lapidar, dass «für die Abklärung … wir das Vorgehen» gestalten. Dabei scheint auch das Management der Abklärungsdienste in Bezug auf eine Forma lisierung der Abklärungen zurückhaltend zu agieren. Wie es für den Kindes schutz bereits andernorts beobachtet wurde, begegneten uns grobe, intern erarbeitete Richtlinien (Schnurr, 2016, S. 128), die in einem grösseren Abklärungsdienst sogar von Team zu Team abweichen. EDV-gestützte Abklärungstools sind in den Diensten bekannt, waren zum Zeitpunkt unserer Erhebungen aber nirgendwo verbindlich implementiert.

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Den in die Abklärung involvierten SLB stehen somit grosse Ermessenspielräume zur Verfügung in Bezug darauf, wie sie die abstrakten Massstäbe des KESR fallindividuell konkretisieren. Ein selbständig tätiger Jurist, der mit einem Abklärungsbericht im Kindesschutz mandatiert wurde, präsentiert sich in einem von uns beobachteten Hausbesuch gegenüber der Familie als «Informationssammler». Anschliessend greift er auf eine Metapher zurück, die in den Selbstpositionierungen von Abklärenden wiederholt auftaucht: Die Abklärung sei «wie ein Puzzle, das ich mir zusammensetze». Damit ist die Mehrteiligkeit und Iterativität der abklärungsspezifischen Wissenskonstruktion treffend symbolisiert. Als wesentlicher Bedingungsfaktor der fallindividuellen Zusammensetzung dieser Puzzles fungiert das auch in der ausländischen Empirie betonte Spannungsfeld zwischen In formationsermittlung und Beziehungsgestaltung. Wie gezeigt folgt das KESR dem Ideal eines responsivpartnerschaftlichen Handelns. Folglich geht es in enger Verbindung mit dem Auftrag der Informationsermittlung immer auch darum, Adressat:innen, so formuliert es eine Sozialarbeiterin eines Abklärungsdienstes im Kindesschutz, «mit ins Boot zu holen». Denkt man mit Goffman (2019; vgl. Evans, 2020, S. 5) an die performativ-dramatische Natur unseres Alltags, ist dies folgenreich für das Handeln Abklären der, gerade auch in Bezug auf Eingriffe in die normativ bedeutsame «lokale Privatheit» (Rössler, 2006). Ein Sozialarbeiter eines Abklärungsdienstes im Kindesschutz verweist anhand unserer Frage nach unangekündigten Hausbesuchen darauf, dass die Selbstpräsentation als Hilfevermittler sich nicht glaubhaft mit einem solchen Vorgehen vereinbaren lasse: Den Adressat:innen zu sagen: «Nein, ich will Ihnen nichts Böses» und dann unerwartet aufzutauchen, «beisst sich einfach». In der Folge zielen die Eingriffstaktiken darauf, in einer «Logik der Vereinbarung» (Koch et al., 2019) Zugang in die jeweilige Privatheit zu erlangen.
Das Abtasten kooperativer Zugänge in die Privatheit der Adres sat:innen erfolgt weitgehend improvisiert und dreht sich nicht exklusiv um den Haus besuch. Einerseits dienen auch ausserhalb der lokalen Privatheit situierte Interaktionen mit Betroffenen (z. B. Gespräche am Telefon oder im Abklärungsdienst) diagnostischen Zwecken. Andererseits basiert die Wis senskonstruktion zu beträchtlichen Teilen auf Auskünften von Drittpersonen aus formellen wie informellen Systemen von Hilfe und Kontrolle, die Einblicke in eine Privatheit versprechen (Steffen & Koch, i. D.). Dabei schlagen sich besonders Interaktionen mit in den Fall involvierten Fachpersonen (z. B. aus dem Gesundheits- und Bildungswesen) nieder. Diese Form der Informationsermittlung scheint zumindest punktuell auch dazu zu dienen, die kooperationsbedrohende Zudringlichkeit in der direkten Interaktion mit Betroffenen zu mildern. Eine bei einem

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Abklärungsdienst im Erwachsenenschutz tätige Juristin bemerkt, dass sie ge wisse Informationen nicht «unbedingt direkt vom Klienten» brauche. Wolle sich jemand beim Hausbesuch zu einem Thema nicht äussern, müsse sie nicht «bohren». Gleichwohl habe man «am Schluss ein Bild». Während Einigkeit darüber besteht, dass im Kindesschutz in aller Regel ein Hausbesuch stattfinden muss, wird dies im Erwachsenenschutz weniger eindeutig diskutiert. Ein beim gerade erwähnten Dienst tätiger Sozialarbeiter meint, dass bei widerständigen Personen die Frage, ob es «diese invasive Idee von Hausbesuch» überhaupt braucht, häufig verneint werden könne.
Die beforschten SLB betonen zwar, dass Hausbesuche bei Betroffenen nicht per se auf Widerstand stossen. Trotzdem: Hausbesuche stellen brisante Abklärungsmomente dar. Ein Sozialarbeiter einer KESB meint, im Kontext von Hausbesuchen «könne einem schnell … ein Vorwurf gemacht werden». Abklärende versuchen diesem Eskalationspotential durch interaktive Vorbereitungs- und Begleithandlungen entgegenzuwirken, die wir anderswo ausbuchstabieren (Steffen & Koch, i. E.). Verwiesen sei hier je doch auf die zentrale Bedeutung von «politeness strategies» (Lakoff, 1989), die dem Management der Zudringlichkeit von Abklärungen dienen. Mit Ausnahme einer (potentiellen) unmittelbaren Gefährdung, greifen die beforschten SLB beim Hausbesuch auf vorgängige, als vertrauensbildend ausgewiese ne Interaktionen zurück. Eine Sozialarbeiterin eines Abklärungsdienstes erklärt dazu, dass sie dabei «den Moment zu erspüren» versuche, in dem sie «den Rapport hergestellt» habe, um einen Hausbesuch vereinbaren zu können. Widerstand gegen Zugangsversuche in für verfahrensrelevant befundene Privatheitsaspekte (z. B. generelle Ablehnung eines Hausbesuchs oder Einsichtsverweigerung in gewisse Wohnbereiche) wird zu nächst – ausgenommen wiederum unmittelbare Gefährdungssituationen – akzeptiert. Ein Sozialarbeiter einer KESB beschreibt, dass er bei Hausbesuchen manchmal in seiner Bewegungsfreiheit blockiert werde. Der «Respekt» gebiete es, dies «im ersten Moment» zu akzeptieren. Die Erfahrung zeige jedoch, dass man «mit unserer sozialarbeiterischen Methodenvielfalt» letztlich «das Vertrauen aufbauen … kann» und einen Zugang finde. Zu dieser «Methodenvielfalt» gehört zwar, dass bei Versagen kooperativer Zugangsversuche Logiken der Anordnung bedeutsam werden können. Beobachten lässt sich rund um den Hausbesuch jedoch ein Primat der Vereinbarung, als dessen Ideal die Aushandlung eines Zugangs in die Privatheit fungiert. Empirischer Ausdruck dieser Abklärungslogik ist mitunter, dass der Zeitpunkt der Hausbesuche und die Art ihrer Durchführung in Abhängigkeit von der Dynamik in der Interaktion zwischen den SLB und den Adressat:innen variieren können.

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6 Der Hausbesuch zwischen Objektivitätsversprechen und Subjektivitätsverdacht

Bisher wurde klar, dass Abklärende in der Methodik ihrer Wissenskonstruktion grosse Ermessenspielräume haben. Der Hausbesuch figuriert dabei als ein Puzzlestück, in das die SLB interaktionslogisch investieren müssen, um ihn in der angestrebten Logik der Vereinbarung durchführen zu können. Es stellt sich die Frage, weshalb sich die SLB regelmässig diesen Aufwand machen, u. U. auch dann, wenn die mandatierenden Instanzen dies nicht explizit fordern. Ausschlaggebend sind Überzeugungen, die an die aus dem Social Casework stammende “person-in-environment perspective” (Kondrat, 2008) erinnern, sich letztlich disziplinär aber nicht klar verorten lassen. SLB mit Hintergründen in Sozialer Arbeit, Recht und die tlw. in Abklärungen bei Kleinkindern involvierten Pflegefachpersonen beschreiben den Gang durch die lokale Privatheit von Adressat:innen gleichermassen als einen Fundus an polymorphen Wissensquellen. Ein Sozial arbeiter einer KESB meint, dass es beim Hausbesuch um das Erleben der «Person … in ihrer Wohnung» gehe. Der Nutzen dieses Erlebens wird mit etwas begründet, was wir als Spiegelungshypothese fassen: Demnach hinterliessen Menschen Spuren in der Materialität ihrer lokalen Privatheit, die sich beim Hausbesuch durch die SLB sinnlich wahrnehmen und diagnostisch nutzbar machen liessen; allgemeine und gefährdungsrelevante Persön lichkeitsaspekte spiegelten sich also quasi im Raum. Ein Jurist eines Ab klärungsdienstes äussert mit Blick auf den Erwachsenenschutz, dass der Mensch seinen «private[n] Raum» nach «seinen Bedürfnissen» und «seinem Geschmack» gestalte. Der Blick auf diese Gestaltung gebe «ganz, ganz viele Hinweise, mit denen man ihn einordnen kann». Im Kindesschutz wird die Spiegelungshypothese auf eine familiale Gruppenpersönlichkeit übertragen. Wie wir andernorts ausführen (Steffen & Koch, i. D.), wird hier von der lokalen Privatheit und dem dortigen Interaktionsgeschehen während des Hausbesuchs darauf geschlossen, ob die Position des Kindes in seiner Familie als kindgerecht auszuweisen ist. Besonders im Kindesschutz taucht weiter ein Natürlichkeitsargument auf: Ausserhalb der lokalen Privatheit situierte Interaktionen zwischen den SLB und Familien führten demnach häufig zu einer Künstlichkeit der familialen Selbstpräsentation. Ein Sozialarbeiter eines Abklärungsdienstes meint zwar, dass man auch bei einem Hausbesuch nicht «Alltag eins zu eins» erlebe. Im «Lebensumfeld» der Kinder sei jedoch ein «beiläufig[er]» Zugang möglich und man erlebe die Kinder «natürlicher» als im Organisationssetting.
Goffman (2019) zufolge spielen wir bekanntlich alle Theater und un ser Auftritt in den Vorder- und Hinterbühnen des Alltags unterscheidet sich. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Thematik des Eindrucksmanagements dann besonders bedeutsam wird, wenn mit der Fähigkeit für sich oder sein Kind zu

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sorgen per se gesichtsbedrohende Themen zur Debatte stehen. Beim Hausbesuch geht es deshalb nicht bloss um einen Blick in eine private Hinterbühne, sondern auch um eine kritische Prüfung des Eindrucksmanagements Betroffener. Eine Sozialarbeiterin einer KESB meint z. B., in Abklärungen sei damit zu rechnen, dass Betroffene Probleme «herunterspielen». In der Folge dient die Erfassung der Spiegelungen im Raum mitunter der kritischen Hinterfragung des Eindrucksmanagements. Ein Sozialarbeiter einer KESB beschreibt einen Hausbesuch, bei dem er «fünf Packungen Toastbrot» gesehen habe. Dies habe für ihn die Frage aufgeworfen, ob die Selbstauskunft korrekt sei, wonach der Betroffene täglich einkaufen gehe – weil «dann kauft man eher nicht Toastbrot». Während bei diesem Beispiel die wahrgenommene Diskrepanz zwischen der Selbstpräsentation der betroffenen Person und einer Beobachtung des Sozialarbeiters zu einem dialogischen Nachhaken führt, wird in einem Falldossier das Eindrucksmanagement einer älteren Frau mit Verweis auf Befunde aus Hausbesuchen disqualifiziert. Die Betroffene tritt dem Urteil, sie lebe in einer ob ihrer «Verwahrlosung» gesundheitsgefährdenden Wohnung, en ergisch entgegen. In einem Entscheid, der letztlich zu einem Übertritt in eine betreute Wohnform führt, wird konstatiert, dass «der Zustand der Wohnung und die Verharmlosung dessen durch die betroffene Person … den Stand der Verwahrlosung» zeige. Die deutlich werdende investigative Funktion des Hausbesuchs, die auch für die Einordnung von Fremdurteilen (z. B. von Gefährdungsmeldenden) bedeutsam ist, wird in Interviews und Akten tlw. mit dem Rechtsbegriff des «Augenscheins» (Kiener et al., 2015, S. 182) gefasst. Dieser Heuristik des Augenscheins ist ein Objektivitätsversprechen immanent: Die in Abklärungen dokumentierte Wahrnehmung einer lokalen Privatheit durch SLB kann als ein objektiviertes Beweismittel gegen an ders lautende Urteile und das Eindrucksmanagement Betroffener in Stellung gebracht werden.
Diesem Objektivitätsversprechen stehen in unserem Material allerdings zahlreiche Interviewpassagen entgegen, die – quasi in poststruk tura listischer Manier (Prinz, 2016) – auf die Standortgebunden heit sinnlicher Wahrnehmung verweisen. In Bezug auf die Verfahrensrelevanz des Hausbesuchs als Augenschein lässt sich ein Schwanken zwischen einem Objektivitätsversprechen und einem auf die eigene Wahrnehmung individueller Lebensvollzüge be zogenen Subjektivitätsverdacht beobachten. Instruktiv zu diesem Schwanken ist eine Interviewpassage mit einer Pflegefachfrau, die in Abklärungen bei Kleinkindern involviert ist. Zur Fra ge, wann die hygienische Situation in einer lokalen Privatheit kindeswohl gefährdend sei, meint sie zunächst, dass sie dies anhand eines feuchten Geruchs unmittelbar erkenne. Dem fügt sie umgehend an, dass man jedoch immer «reflektieren» müsse, ob eine solche Wahrnehmung

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von einem eigenen «überspannten Anspruch an Sauberkeit» herrühre. Zentral für den Subjektivitätsverdacht scheinen uns weniger epistemologische Motive als eine Form der Ermessenskontrolle, die man, wie in Kapitel 2 dargelegt, mit Evans als “demo cratic accountability” fassen kann. Die SLB verorten ihr Handeln in einer liberalen Rechtsordnung, welche zwangsförmige fürsorgerische Eingriffe auf ein Minimum zu begrenzen sucht. Dazu gehört für die SLB, dass Irritationen im Blick auf lokale Privatheiten daraufhin kontrolliert werden müssen, ob sie für die Legitimation unfreiwilliger Massnahmen relevant sind. Besonders in Bezug auf Normalitätsvorstellungen im Erwachsenenschutz müssen man sich, so ein Jurist eines Abklärungsdienstes, davor hüten «überall korrigierend eingreifen und helfen» zu wollen. Ein anderer Jurist meint, die Wohnungen sähen «nicht aus wie in der Werbung»; heute komme es aber nicht mehr in Frage, «dass man jemanden einfach aus einer ein bisschen schmuddeligen Wohnung rausnimmt». Im Kindesschutz zeigen die SLB weniger Zurückhaltung darin, eigene und besonders auf die Bindungstheorie verweisende Vorstellungen eines guten Familienlebens (Steffen & Koch, i. D.) in die Beurteilung lokaler Privatheiten einzubeziehen. Begründet wird dies mit einer existentiellen Abhängigkeit der Kinder vom Handeln der Sorgeberechtigten. Ersterer Jurist expliziert, dass es der “Lifestyle” eines Erwachsenen sein könne, «in einer verdreckten Wohnung» zu leben. «Wenn ein Kind in eine verdreckte Wohnung kommt, dann reagieren wir, weil das ist nicht der Style des Kindes». Sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenschutz sind jedoch Kontrollprozeduren erkennbar, die der grundrechtlich höchst relevanten Kontrolle der Subjektivität der u. a. auf lokale Privatheiten bezogenen Wahrnehmungen von SLB dienen. Neben der skizzierten reflexiven Selbstkontrolle ist die zweite von Evans erwähnte Technik der Ermessenskontrolle, die “peer supervision”, wichtig. Die meisten SLB äussern die – teilweise an Ressourcenproblemen scheiternde – Idealvorstellung, dass Abklärungen und Hausbesuche grundsätzlich im Tandem durchgeführt werden. Abklärungsberichte werden dienstintern gegengelesen, wobei eine Differenzierung von Beobachtung und Interpretation das ermessensrelevante Bewertungsgeschehen nachvollziehbar machen soll. Ein zur Ermessenskontrolle interessanter Effekt der organisationalen PatchworkStrukturen ist, dass die Fälle zumeist – und bereits vor den Kollegiumsentscheiden der KESB – durch mehrere Hände gehen.

7 Schlussfolgerungen

In der im Kapitel 2 erwähnten Kontroverse um die Hausbesuchspflicht im deutschen Kindesschutz sprach Meysen (2008, S. 195) von einer nur scheinbar funktionalen «Augenschein-Kontrolle» und einer trügerischen «Ich-war-drin-Garantie»:

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Wirksame Interventionen seien auf einen helfenden «Zugang zur Familie und ihren Problemen» angewiesen, der durch «staatliche[] Kontrollüberfälle» konterkariert werde. Unsere Analyse zeigt, dass der Hausbesuch in den untersuchten Regionen der Deutschschweiz zwar die Funktion einer AugenscheinKon trolle hat. Als solche ist er aber Teil einer Abklärungslogik, die sich im Sinne einer möglichst partnerschaftlich agierenden «hoheitlichen Fürsorge» (BR, 2006, S. 7022) darum dreht, Spannungen zwischen einer hilfeorientierten Be ziehungsgestaltung und einer kontrollorientierten Informationsermittlung zu bearbeiten. Die Ab klä renden haben grosse Ermessenspielräume darin, wie sie den interak tiven Ein griff in die jeweilige Privatheit gestalten. Diese Spielräume sind Voraussetzung dafür, dass Abklärende nicht per se gezwungen sind, «mit der Tür ins Haus zu fallen» und hiermit kooperative Hilfen interaktionslogisch unwahrscheinlich zu machen. Das Ausloten eines kooperativen Zugangs erscheint dabei nicht zuletzt als Ausdruck einer Gesellschaftsordnung, die den privaten Raum vor Eingriffen schützen will, zugleich aber eine hoheitliche Fürsorge betreibt, die – möglichst partnerschaftlich und durchgreifend zugleich – intervenieren soll, wenn Hinweise auf eine vermeintlich dys funktionale Privatheit aufkommen. Der dem Hausbesuch zugeschriebene Nutzen folgt dabei kei ner simplifizierenden Logik: Der Stellenwert des Hausbesuchs zwischen Objektivitätsversprechen und Subjektivitäts ver dacht verweist auf eine Fachlichkeit, welche die Kontingenz ihrer «Grenz bearbeitungen» (Kessl, 2009) einzuholen versucht, im hoheitlichen In ter ventionsfeld des Kindes- und Erwachsenenschutzes letztlich aber nicht da rum herum kommt, Entscheidungen zur Autonomiefähigkeit von Bürger:innen zu treffen und damit in die eine oder andere Richtung Grenzen zu ziehen.
Die Befunde sind in mehreren Hinsichten zu kontextualisieren: Erstens macht es die Heterogenität der föderalen Vollzugsstrukturen im Schweizer Kindes- und Erwachsenenschutz schwierig, sich einen umfassenden Überblick über lokale Praxen zu verschaffen (Schnurr, 2016, S. 132). Weitere empirische Analysen hätten etwa zu zeigen, ob sich lokal auch weniger vereinbarungsorientierte Abklärungslogiken finden lassen oder ob Kooperationsinteressen von SLB punktuell auch in Konflikt mit dem Schutz von vulnerablen Bürger:innen geraten können (z. B. wenn sich SLB in einem Kindesschutzverfahren zu stark auf den Zugang zu den Eltern konzentrieren). Zweitens gilt es neben den hier in den Vordergrund gerückten erwünschten Aspekten von Ermessen, dessen dunkle Seiten im Blick zu behalten. Das zuweilen gezeichnete Bild der KESB als Willkürbehörde lässt sich aufgrund unserer Befunde nicht erhärten. Gerade die Geschichte des Schweizer Kindes- und Erwachsenenschutzes zeigt jedoch, dass “uses of discretion … have the potential to be undemocratic and oppressive”

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(Evans, 2020, S. 8; vgl. UEK, 2019, S. 57–63). Nachdenklich stimmt, dass die von uns be forschten SLB mit “peer supervision” und “democratic accountability” ge eig nete Formen einer selbstverantworteten Ermessenskontrolle üben, zu gleich aber auf Ressourcensituationen verweisen, die diesen Prozeduren Grenzen setzen. Einerseits gilt es weiter der Frage nachzugehen, welche Folgen diese von Knappheit geprägten Rahmenbedingungen für die Ermessensarbeit haben. Der Theorierahmen der Street­Level Bureaucracy verweist darauf, dass derartige Ausgangslagen ein stereotypisierendes “client-processing” begünstigen können (Lipsky, 2010, insbes. 105–116). Andererseits ist es von eminenter Bedeutung, dass Bürger:innen über gut zugängliche Rechtsmittel die Möglichkeit haben, die Ermessensarbeit von SLB kontrollieren zu lassen – ganz egal, wie reflexiv diese aus der (multi-)professionellen Binnenperspektive erscheinen mag.

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Bibliographische Angaben

Markus Steffen, Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz
(FHNW), markus_steffen@gmx.net
Dr. Martina Koch, Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), martina.koch@fhnw.ch
Dr. Rahel Bühler, Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW), buel@zhaw.ch

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