[Articles] [Dossier 2024] «Migrantin, Arbeiterin und Mutter». Die Säuglingsheime der Stadt Zürich und die ambivalente Konfiguration rund um die Herkunftsfamilien von 1970–1979

Daniela Hörler

Noch anfangs der 1970er Jahre wurden in Zürich jährlich über 200 Säuglinge, die meisten von ihnen mit ausländischer Staatszugehörigkeit, in städtischen Säuglingsheimen untergebracht. Der Artikel fragt nach dem Zusammenhang zwischen den vergleichsweise späten Schliessungen der Heime und der prekären Situation der sogenannten «Gastarbeiterfamilien». Anhand von Archivmaterial wird mit einer intersektionalen Perspektive die von der Stadtverwaltung und dem Heimpersonal konstruierte Konfiguration der zugewanderten Arbeiterin mit Kind analysiert. Der Beitrag zeigt, dass die städtischen Säuglingsheime von der Arbeitsmigration der frühen 1970er Jahren profitierten und mit traditionellen Betreuungsstrukturen die mehrfache Diskriminierung von zugewanderten Eltern verstärkten.

Schlüsselwörter: Säuglingsheime, Arbeitsmigration, Intersektionalität, Stadt Zürich, 1970– 1979

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[Articles] Sachverhaltserforschung als Ermessensarbeit. Abklärungslogiken im Kontext von Hausbesuchen im Kindes- und Erwachsenenschutz

Markus Steffen, Martina Koch und Rahel Bühler

Der Artikel geht der Bedeutung von Hausbesuchen in kindes- und erwachsenenschutzrechtlichen Abklärungen nach. In der Studie wurden drei Regionen in der Deutschschweiz mit einem an der Grounded Theory orientierten Vorgehen untersucht. Die Analyse von Interviews mit Fachkräften, Falldossiers und teilnehmenden Beobachtungen zeigt, dass sich die Abklärungsarbeit mit Michael Lipskys Konzept der Street-Level Bureaucracy als eine Ermessensarbeit fassen lässt. Der rechtlich-organisationale Rahmen räumt den einzelnen Abklärenden hohes Ermessen in Bezug auf ihr Vorgehen ein. Der Zeitpunkt und die Art der Durchführung von Hausbesuchen variieren, insbesondere weil Abklärende versuchen, einen kooperativen Zugang in die Privatheit zu finden. Der Hausbesuch fungiert dabei als ein Blick in eine private Hinterbühne, mit dem ein gewisses Objektivitätsversprechen verknüpft wird. Gleichzeitig zeigen sich Prozeduren, die der Kontrolle einer grundlegenden Subjektivität in der Wahrnehmung der Privatheit von Bürger:innen dienen.

Schlüsselwörter: Kindesschutz, Erwachsenenschutz, Hausbesuche, Ermessen, Abklärungen

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[Articles] Zur Bedeutung und Umsetzung von Interdisziplinarität im Organisationskontext der schweizerischen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB)

Evelyne Thönnissen Chase, Julia Emprechtinger

Der Begriff der Interdisziplinarität fand über eine wenig formalisierte Leitidee auf Bundesebene Eingang in die 2013 neu geschaffenen KESB. In der politischen Debatte standen strukturelle Fragen der (inter-)disziplinären Besetzung und die Organisationsform im Vordergrund. Die Umsetzung der Interdiszipli- narität erfuhr in den verschiedenen Kantonen und Regionen jedoch unterschiedliche Konturierungen je nach gewählter organisationaler Rahmung, der Anordnung der Disziplinen im Spruchkörper wie auch der konkreten Fallbearbeitung bis hin zum interdisziplinär gefassten Entscheid der Behörde. Dieser Artikel zeigt auf, dass eine interdisziplinär besetzte Behörde nicht ein Qualitätsmerkmal an sich darstellt. Es müssen auf strategischer, struktureller und kultureller Ebene der Behörde Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche interprofessionelle Zusammenarbeit innerhalb der Behörde ermöglichen, begünstigen und sicherstellen.

Schlüsselwörter: Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden, Interdisziplinarität, Organisation, Profession, interprofessionelle Zusammenarbeit

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[Reviews] Béatrice Ziegler, Gisela Hauss, Martin Lengwiler (Hrsg.) (2018). Zwischen Erinnerung und Aufarbeitung. Fürsorgerische Zwangsmassnahmen an Minderjährigen in der Schweiz im 20. Jahrhundert. Chronos Verlag.

Ulrich Leitner

Zum Buch von Béatrice Ziegler, Gisela Hauss, Martin Lengwiler (Hrsg.) (2018). Zwischen Erinnerung und Aufarbeitung. Fürsorgerische Zwangsmassnahmen an Minderjährigen in der Schweiz im 20. Jahrhundert. Zürich: Chronos Verlag.

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[Reviews] Sabrina Göbel, Ute Karl, Marei Lunz, Ulla Peters & Maren Zeller (Hrsg.) (2020). Wege junger Menschen aus Heimen und Pflegefamilien. Agency in schwierigen Über­ gängen. Beltz Juventa.

Andrea Abraham

Zum Buch von Sabrina Göbel, Ute Karl, Marei Lunz, Ulla Peters & Maren Zeller (Hrsg.) (2020). Wege junger Menschen aus Heimen und Pflegefamilien. Agency in schwierigen Über­ gängen. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.

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[Articles] Unterbringung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter in der Schweiz aus Sicht von Fachpersonen

Peter Rieker, Ellen Höhne, Rebecca Mörgen

Die Unterbringung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter stellt die zuständigen Institutionen und Fachkräfte in der Schweiz vor grosse Herausforderungen, u. a. weil es an einer systematischen Sammlung und Auswertung von Erfahrungen und Wissen zur Arbeit mit dieser Zielgruppe fehlt. Im vorliegenden Beitrag werden auf der Grundlage einer Befragung von Expert*innen die Erfahrungen und Einschätzungen von Fachpersonen, die mit dieser Zielgruppe arbeiten, vorgestellt. Darüber hinaus wird untersucht, inwieweit diese Fachpersonen sich auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien beziehen.

Schlüsselwörter: UMA (unbegleitete minderjährige Asylsuchende), Unterbringung, Be­treuung, Fachpersonen

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[Articles] Selbstbestimmung, Schutz, Wohl. Zielorientierungen im Erwachsenenschutz.

Der Beitrag behandelt die Frage, wie Erwachsenenschutzbehörden mit den gesetzlich festgelegten Zielprogrammierungen «Selbstbestimmung», «Schutz» und «Wohl» von Klientinnen und Klienten umgehen. Dies wird anhand eines Falles und von Forschungsbefunden zu weiteren Fällen aus einer Studie zu den Auswirkungen politischer Steuerung auf die Organisationsgestaltung und das professionelle Handeln in der Sozialen Arbeit erörtert. In der Studie wurde die Umsetzung der 2013 in Kraft getretenen Gesetzesreform im Kindes- und Erwachsenenschutzrecht der Schweiz untersucht. In einer Schlussbetrachtung werden die gesetzlichen Ziele und das sich daraus für die Praxis des Erwachsenenschutzes ergebenden Spannungsfeld professionstheoretisch gedeutet und die dargestellten Forschungsbefunde darin eingeordnet.

Author(s): Roland Becker-Lenz, Oliver Käch, Silke Müller-Hermann

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[Articles] Early intervention and the management of Finnish children and young people.

The concept of early intervention emerged into everyday Finnish language of media and politics at the turn of the Millennium. The invasion of early intervention occurred through extensive political and organizational support, accompanied by vigorous media discussion. The rationale, shared by the key agents of early intervention, was formed according to this distinguished project and public discourse. At the turn of the Millennium, the idea of early intervention seemed compatible with many reformations of the public government relying on the New Public Management. Early intervention, and applying it, quickly spread to daycare, schools and child protection, among other things. This article aims at analyzing what early intervention was in this particular empirical case. It analyzes the Finnish practices of preventive child protection in social work with children and young people from the point of view of governing, and as practices that target children, young people and their parents suspected to belong to a risk group.

Author(s): Mirja Satka

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[Articles] Rekonstruktion biografischer Verläufe von Verdingkindern. Lebenslang eine Suche nach “Normalität”.

Dieser Aufsatz gibt Inhalt und Befunde einer qualitativen Studie über die biografische Erfahrung von Menschen wieder, die als Heranwachsende in der Schweiz der 1930er- bis 1950er-Jahre «verdingt» wurden. Der Begriff der «Verdingung» bezeichnet die Fremdplatzierung von Kindern, die für ihre Arbeitsleistung Kost und Logis erhielten, während die Pflegefamilie für die Aufnahme des fremden Kindes finanziell entschädigt wurde. Welche Bedeutung die Verdingung für die Betroffenen hatte und wie sie ihr ganzes Leben geprägt hat, war die zentrale Frage der nachfolgend in zusammen- gefasster Form vorgestellten Studie. Darin wurden fünf Lebensgeschichten kontrastiv verglichen und analysiert, die in narrativen Interviews erfasst und mit biografischen Methoden rekonstruiert wurden. Die Studie zeigt, wie Menschen, die in ihrer Kindheit und Jugend verdingt wurden, zeitlebens auf der Suche nach «Normalität» waren – nach elementarer sozialer Achtung, Zugehörigkeit und emotionaler Sicherheit. Das Selbstverständliche des gelebten Alltags, das unter normalen Umständen in der primären Sozialisation vermittelt wird, blieb diesen Kindern vorenthalten und liess sie lebenslang danach suchen.

Author(s): Daniela Freisler-Mühlemann

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